Home Wirtschaft So werden uns Wasser-Butter und Fake-Schoki angedreht
Wirtschaft - 23.01.2019

So werden uns Wasser-Butter und Fake-Schoki angedreht

Billig soll’s sein, schmecken und am besten auch noch gesund sein. Das erwarten viele Deutsche von ihrem Essen. Die Industrie hat darauf längst reagiert: Im Supermarkt verschleudert sie Lebensmittel vielfach zu Kampfpreisen – und verspricht gleichzeitig Top-Zutaten.

Ein Widerspruch? Ja. Und trotzdem greifen viele Verbraucher zu. Die Doku-Reihe „ZDFzeit“ zeigte am Dienstagabend „Die Tricks der Lebensmittelindustrie“ – und wie uns im Laden Qualität vorgegaukelt wird!

Der Pulver-Trick

Tütensuppen und Fertig-Soßen zählen zu den Rennern im Supermarkt. Nur: Der Anteil an Gemüse, Kräutern und Fleisch ist oft verschwindend gering. Hauptzutat stattdessen: Kartoffelstärke. „Damit zaubere ich Ihnen jede Suppe und Soße, die Sie wollen“, sagte Lebensmitteltechniker Sebastian Lege, der für das ZDF den Test machte.

Die zu Pulver getrocknete Stärke verwandelt heißes Wasser in cremige Suppen und Soßen. Aromen und Farbstoffe sorgen für Geschmack und Aussehen – und fertig ist die Tütensuppe.

Beispiel Spargelcremesuppe: Etwas Spargelaroma, Palmfett, getrockneter Schnittlauch und ein klein wenig getrockneter Spargel reichen schon aus für die Fake-Suppe. Die Hersteller sparen so teure Zutaten. Und: Selbst bei einem Verkaufspreis von umgerechnet 12 Cent pro Teller Suppe machen Industrie und Handel noch Gewinn.

Soßen werden nach dem gleichen Prinzip hergestellt. Wasser, Kartoffelstärke und Aromen; das reicht schon aus, um eine hausgemachte Bratensoße zu imitieren.

Verbraucher-Tipp: Genau hinschauen! Oft sind schon Bezeichnungen irreführend. Beispiel: Im Supermarkt stehen „Soße zu Braten“ und „Bratensoße“ oft direkt nebeneinander. Aber: Nur die Bratensoße enthält auch wirklich Fleisch.

  • Gewinner steht fest

    Die dreisteste „Mogelpackung des Jahres“

    Fünf Produkte standen zur Auswahl für den unrühmlichen Lebensmittel-Preis. Bei einer Chips-Sorte wurde besonders dreist getrickst.

Der Schinken-Trick

Qualität kostet: Sebastian Lege besuchte eine Traditionsmetzgerei in der Nähe von Kassel. Zwei Euro zahlen Kunden dort für 100 Gramm Schinken. Weil das Fleisch aus der Keule – der Po-Backe des Schweins – erst tagelang zubereitet wird, in Salzlake liegt und im Wasserbad gegart wird, ehe es verkauft wird.

Anders das Industrieprodukt: Hier schmeißen die Hersteller laut ZDF oft Keulen von mehreren Schweinen zusammen, Phosphat – damit die Stücke auch schön aneinanderkleben – und Salz kommen noch dazu. Und ab in die Maschine.

Sebastian Lege probierte es selber aus: Nach zwölf Stunden war in der Trommel nur noch eine Masse aus Brocken vorhanden. Als Form diente ein Plastikschlauch. Beim Garen verbinden sich die Fleischteile dann miteinander – zum Billig-Schinken. Metzgerin Katharina Koch aus Nordhessen, die das Experiment beobachtete: „Es ist eine Sünde.“

Verbraucher-Tipp: Kochschinken ist in vier Qualitätsstufen unterteilt. Je geringer der maschinelle Verarbeitungsgrad, desto besser die Fleischqualität. Ärgerlich: Auf Supermarkt-Verpackungen stehen die Stufen nicht. Verbraucher können die Qualität trotzdem abschätzen: Bei Billig-Schinken laufen die Muskelfasern in verschiedene Richtungen – und das erkennt man auch mit dem bloßen Auge!

Der Butter-Trick

„Streichzart“ – so bewerben Hersteller ihre Alternativen zur Butter. Die kommt nämlich oft aus dem Kühlschrank – und ist knüppelhart. Die von der Industrie beworbenen Butter-Alternativen sind cremig, enthalten Joghurt, Rapsöl, viel Wasser. Und keine Butter. Im Geschäft kosten sie trotzdem (fast) das gleiche. Egal, ob Marke oder No-Name-Produkt.

Noch dreister gehen die Hersteller bei Light-Varianten vor. Die bestehen laut ZDF oft zu mehr als 50 Prozent aus Wasser. Dr. Britta Schautz, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Berlin: „Ich bezahle also am Ende für Wasser. Wenn ich Kalorien sparen will, reicht es, weniger Butter aufs Brot zu schmieren“.

Verbraucher-Tipp: Wer nicht auf Butter verzichten will, wirft am besten einen Blick auf die Zutatenliste. Taucht Butter dort auf – und wenn ja, wo? Je weiter oben, desto höher ist ihr Anteil. Und desto hochwertiger das Produkt.

Der Schoko-Trick

Schoko ist nicht Schokolade. Hätten Sie das gewusst? Denn: Nur wenn ein Produkt Kakaobutter – eines der teuersten Fette der Welt – und Kakaopulver enthält, darf es laut Lebensmittelgesetz als „Schokolade“ bezeichnet werden.

Die Industrie setzt lieber auf Palmfett: Das kostet deutlich weniger als Kakaobutter. Gemixt mit viel Zucker und fünf Prozent Kakaopulver entsteht so ein ähnlicher Geschmack wie der von Schokolade.

Mögliche Schummel-Bezeichnungen: Schoko-Creme oder Schoko-Keks. Das Fazit der Tester: Gerade bei Schokolade veranstaltet die Industrie ein ärgerliches Verwirrspiel mit Worten und Zutaten.

Verbraucher-Tipp: Der Begriff „Schoko“ ist gesetzlich nicht geschützt. Wer wissen will, was wirklich in seinen Keksen steckt, hat nur eine Wahl: auf die Zutatenliste schauen.

Der Algen-Trick

Aber nicht alles ist schlecht, was die Industrie sich so ausgedacht hat. Beispiel Farbstoffe: Aus sogenannten Mikro-Algen – winzigen Einzellern – lassen sich knallig bunte Farben gewinnen. Das ganze ohne Gefahr für die Gesundheit. Dabei werden die extra dafür gezüchteten Algen erst gemörsert und in komplexen chemischen Prozessen gefiltert. So lange, bis die Farbe übrig ist, die die Hersteller haben wollten.

Egal, ob Schokolinsen, Gummibärchen Kaubonbons oder auch Eis: Das Verfahren kommt bei vielen Produkten zum Einsatz. ZDF-Tester Sebastian Lege: „Ein cleverer Trick. Ohne Chemie haben wir leuchtende Farben“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

„Torpedo Attacke! Torpedo Attacke!“

++ Tanker-Krise im Golf von Oman ++ BILD dokumentiert den dramatischen SOS-Ruf ++ Großbrit…