Home Wirtschaft Merkel geht auf Gegenkurs zu Trump
Wirtschaft - 23.01.2019

Merkel geht auf Gegenkurs zu Trump

Kanzlerin ruft internationale Gemeinschaft zum Schulterschluss auf – „Globale Architektur wird nur funktionieren, wenn wir die Fähigkeit zum Kompromiss haben“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos ein flammendes Plädoyer für den Multilateralismus gehalten!

Ihr Credo: Internationale Krisen kann die Welt nur gemeinsam lösen.

Ohne den US-Präsidenten zu nennen, konnte ihre Rede auch als Seitenhieb gegen Donald Trump verstanden werden, der die internationale Gemeinschaft mit seiner „America first“-Politik in der Vergangenheit mehrfach brüskiert hat.

„Wir dürfen das bestehende multilaterale System nicht ruinieren, so dass niemand mehr an globale Leitplanken glaubt.“

Merkel: „Die globale Architektur wird nur funktionieren, wenn wir die Fähigkeit zum Kompromiss haben. Wir haben aktuell Störungen im multilateralen System und dadurch gerät die internationale Ordnung unter Druck.“ Das sei ein Warnschuss für internationale Institutionen.

Merkel rief Politik und Wirtschaft dazu auf, alles zu tun, um eine Wiederholung der Bankenkrise von vor mehr als zehn Jahren zu verhindern. Die Zinspolitik der großen Notenbanken zeige, „dass wir letztendlich immer noch an dieser Krise knabbern, dass wir immer noch nicht raus sind“, sagte Merkel in Davos. Durch die Bankenkrise habe man sich auch Raum für mögliche kommende Aufgaben genommen. Man müsse deshalb möglichst schnell wieder zur Normalisierung zurückkommen.

„Wenn man ehrlich ist, steckt uns diese Krise heute noch in den Knochen“, so Merkel. „Sie hat unglaublich viel Vertrauen gekostet in der Politik, aber auch im Bereich der Wirtschaft, insbesondere im Finanzsektor.“ Die nach der Bankenkrise eingeführten Regulierungen, die bessere Kontrolle der Banken – „okay, das waren Fortschritte“, sagte die Kanzlerin. Wenn man aber die Menschen frage, habe der „Glaube an einen stabilen, internationalen Finanzsektor doch sehr gelitten“. Und deshalb müsse alles getan werden, um eine Wiederholung zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund solle das Forum in Davos einen Beitrag leisten, „besser mehr Sicherheit wieder in die Dinge hineinzubringen, als dass die Unsicherheit noch wachsen sollte“.

Zu Beginn ihrer Rede hatte Merkel den internationalen Teilnehmern des Treffens versichert: „Ich darf Ihnen sagen, dass Deutschland wieder eine stabile Regierung hat und wir nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gewillt sind, gut zu arbeiten.“

In Richtung Großbritanniens sagte sie: „Wir müssen mit dem Brexit-Schock leben.“

Die Kanzlerin machte in ihrer Rede in Davos zudem für einen schnellen Ausstieg aus der Kohle stark und bekräftigte: „Wir werden weiter Gas aus Russland beziehen – das ist vollkommen klar!“ Auch das war ein klares Signal an die USA, die Deutschland zum Ausstieg aus dem Gas-Pipeline-Projekt mit Russland bewegen wollen.

Und noch ein Seitenhieb gegen Trump: „Klimaveränderung hat für die Welt riesige Bedeutung“, sagte Merkel – auch an die Adresse des US-Präsidenten, der den Klimawandel bis heute nicht akzeptieren will.

Am Donnerstag will sich Merkel mit weiblichen Führungskräften großer Unternehmen austauschen. Anschließend spricht sie mit anderen Staats- und Regierungschefs, Unternehmern und Vertretern internationaler Organisationen über Afrika.

Das Treffen steht im Zeichen internationaler Unsicherheiten wie dem andauernden und weiter ungeklärten Zollstreit zwischen den USA und China, dem möglichen wirtschaftlichen Chaos in Großbritannien und weiterer möglicher Hemmnisse, die den Welthandel schwächen könnten. Auch die jüngsten Turbulenzen an den Börsen sorgen für angespannte Stimmung.

  • Diese Probleme müssen unsere Bosse lösen

    Noch trübt keine Wolke den Wirtschaftshimmel von Davos

    Die weltweite Wirtschaftslage macht den Bossen nicht viel Grund zur Freude, die Liste der Sorgen ist lang. BILD zeigt die Baustellen.

  • Wegen Handelskrieg

    Chinas Wachstum fällt auf historisches Tief

    Chinas Wirtschaftswachstum ist auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahrzehnten gefallen.

IWF trübt Aussichten der Weltwirtschaft

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor einem beschleunigten Abschwung der Weltwirtschaft.

Man befürchte, dass sich das Wachstum schneller als erwartet verlangsamen werde, sagte IWF-Vizechef David Lipton am Mittwoch am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos der Nachrichtenagentur Reuters.

Dabei verwies er auf erschwerte Finanzbedingungen und die globalen Handelskonflikte. Zugleich warnte er davor, dass die meisten Länder gegen eine Konjunkturschwäche weniger gewappnet seien als vor zehn Jahren.

Der IWF hatte angesichts zahlreicher Risiken am Montag die Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft gesenkt. Die IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, das Risiko eines stärkeren Rückgangs des Weltwirtschaftswachstums sei gestiegen.

Der IWF hatte zuletzt seine Prognose für 2019 veröffentlicht. Für die globale Wirtschaft rechnet man mit einem Rückgang des Wachstums um 0,2 Punkte auf 3,5 Prozent, für Deutschland ginge es demnach 0,6 Punkte nach unten auf 1,3 Prozent BIP-Wachstum.

Müssen wir jetzt die große Rezession fürchten?

Prof. Dr. Timo Wollmershäuser, Leiter der Konjunkturforschung des Münchner Institutes für Wirtschaftsforschung sagte gegenüber BILD:

„Globale Rezessionen, im Sinne eines Rückgangs der Weltwirtschaftsleistung, sind aus historischer Perspektive äußerst seltene Ereignisse und gehen in der Regel mit heftigen Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten wie zuletzt 2008 einher. Die Wahrscheinlichkeit dafür schätze ich aus heutiger Sicht als sehr gering ein. Gleichwohl haben eine Verschärfung des Zollstreits, ein harter Brexit und eine allzu laxe Haushaltspolitik in hochverschuldeten Euroländern das Potenzial, die Weltkonjunktur empfindlich zu dämpfen.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

„Torpedo Attacke! Torpedo Attacke!“

++ Tanker-Krise im Golf von Oman ++ BILD dokumentiert den dramatischen SOS-Ruf ++ Großbrit…