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Politik - 22.10.2018

Darum lässt Putin seinen Erzfeind nicht vom Haken

Kaum auf freiem Fuß, droht dem Putin-Kritiker wieder Haft!

Nach 50 Tagen im Gefängnis kam der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny (42) vergangene Woche frei. Zweieinhalb Wochen zuvor war er nach einer 30-tägigen Haft sofort wieder festgenommen und zu weiteren 20 Tagen verurteilt worden. In beiden Fällen ging es um nicht genehmigte Demonstrationen gegen die Politik von Präsident Wladimir Putin (66), zu denen Nawalny aufgerufen hatte.

Doch auch jetzt lässt der Kreml nicht locker! Wie Nawalny am ersten Tag in Freiheit bekannt gab, erwartet ihn bereits eine neue Anklage – in einem Fall, der seit mehr als zwei Jahren ruht. Warum ist Putin so nervös? BILD erklärt, was dahintersteckt.

Klar ist: Die Festnahmen und Verurteilungen des prominenten Putin-Kritikers sind Schikane. So musste Alexej Nawalny allein dieses Jahr dreimal ins Gefängnis, wurde bei Festnahmen wie ein Schwerkrimineller im Hauseingang abgefangen. Von einer Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl wurde der Oppositionelle wegen einer Vorstrafe in einem politisch motivierten Prozess ausgeschlossen, den Monat vor der Fußball-WM in Russland verbrachte er hinter Gittern.

»Der Kreml erhöht die Repression

Russland-Experte Julius von Freytag, Chef des Moskauer Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, erklärt das Durchgreifen des Kreml mit der Unzufriedenheit im Land. „Der Kreml hat keine richtigen Antworten auf die Proteste. Deswegen erhöht er die Repression“, meint von Freytag.

▶︎ Seit der Erhöhung des Rentenalters für Männer und Frauen kommt es in Russland immer wieder zu Protesten, die der Kreml unbeachtet lässt. Die Rentenreform sei alternativlos, behauptet die Putin-Regierung. Die Strategie des Kreml, die Reform zu Beginn der Fußball-WM bekanntzugeben und so im WM-Fieber untergehen zu lassen, ist allerdings nicht aufgegangen.

„Die Erhöhung des Rentenalters offenbart die Ideenlosigkeit der russischen Regierung“, sagt Julius von Freytag. „Der einzige Zweck der Reform scheint, die Löcher im Haushalt zu stopfen.“

Die Gründe für die finanziellen Probleme des russischen Staates sind vielfältig. Teure Kriege in der Ukraine und in Syrien haben Sanktionen der USA und der EU nach sich gezogen. Staatliche Unternehmen, die von Putins Vertrauten geleitet werden, behindern die wirtschaftliche Entwicklung. Und noch immer grassiert die Korruption im Land – trotz stetiger Ankündigungen des Kreml, dagegen vorzugehen.

Doch nicht nur der russische Staat hat finanzielle Probleme, sagt Julius von Freytag: „Die russischen Normalbürger spüren die schlechte wirtschaftliche Lage im Land. Die Reallöhne leiden unter der andauernden Stagnation, gegen die der Kreml nichts ausrichten kann.“

Vertrauen in Putin sinkt

Diese Unzufriedenheit der Bürger kann auch dem Präsidenten nicht verborgen bleiben. „Putins Umfragewerte sind im Keller“, sagt von Freytag.

▶︎ Laut dem Meinungsforschungsinstitut „Levada“ nahm die Zustimmung zu Wladimir Putin von 80 Prozent im März auf 67 Prozent im September ab. Waren im April noch 60 Prozent der russischen Bürger mit dem Kurs ihres Landes zufrieden, so nahm auch dieser Wert binnen weniger Monate auf 47 Prozent ab.

Selbst das staatliche Institut „WZIOM“ dokumentiert einen Vertrauensverlust in den Kreml-Chef. Im Oktober 2017 vertrauten noch 50,6 Prozent der Russen ihrem Präsidenten; ein Jahr später sind es nur noch 37 Prozent.

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Erhöht Putin deshalb den Druck auf seine politischen Gegner?

Nur einen Tag nach seiner Haft-Entlassung teilte Nawalny mit, dass sein Anwalt ein Schreiben erhalten habe, wonach ihn ein neues Verfahren erwarte. Das Innenministerium weigert sich jedoch bislang, dem Politiker die Vorwürfe mitzuteilen, um die es gehen soll. Dass dies jedoch bald geschieht, ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Auch, wenn Alexej Nawalny zunächst frei ist, steht fest: Der Kreml hat nicht vor, den einflussreichsten Gegner des Präsidenten vom Haken zu lassen. Zu hoch ist der innenpolitische Druck, dem sich die Putin-Regierung ausgesetzt sieht.

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