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Politik - 28.04.2019

Warum machen eigentlich alle bei Chinas Mega-Projekt mit?

Siemens-Chef Joe Kaeser (61) war gar nicht ins Pekinger Convention Center gekommen. Aber der deutsche Top-Manager wusste die Antwort darauf, warum am Freitag 37 Staats- und Regierungschefs aus fast aller Welt in die chinesische Metropole gereist waren, um im Beisein von Präsident Xi Jinping ein Loblied auf dessen „Seidenstraßen“-Initiative anzustimmen.

Oder, ein wenig unhöflicher ausgedrückt: Schleimspuren auszulegen.

„Chinas ‚One Belt, One Road‘ wird die neue Welthandelsorganisation werden, ob man es mag oder nicht“, hatte Kaeser bereits vor mehr als einem Jahr vorausgesagt. Und seit dem aktuellen Gipfel sieht es so aus, als dürfte der Vorstandschef, dessen Unternehmen mit China ebenfalls gute Geschäfte macht, recht behalten.

„One Belt, One Road“ ist die international übliche Bezeichnung für das im Westen hochumstrittene chinesische Prestigeprojekt „Neue Seidenstraße“. Das Reich der Mitte investiert eine Billion Euro in über 90 Ländern, will mit dem Geld neue Transportwege und Handelsumschlagplätze zwischen Asien, Afrika und Europa schaffen. Und ganz nebenbei seinen geostrategischen Einfluss über Eisenbahnschienen und Straßen bis nach Griechenland, Spanien und Italien ausweiten.

China gibt den Takt vor. Und mächtige Top-Politiker aus aller Welt trommeln mit. Warum eigentlich?

Die Neue Seidenstrasse

Die Route zu Land, zu Wasser und bestehende und geplante Infrastruktur

Ob sie es in Peking verklausuliert formulierten oder nicht, ob sie offizielle Vereinbarungen mit China unterzeichneten oder nicht, ob sie – wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) – tapfer gleiche Wettbewerbsbedingungen und die Einhaltung von Menschenrechten einforderten oder nicht: Ein spezielles Interesse verband die bunte Riege der Spitzenpolitiker um Russlands Staatspräsident Wladimir Putin, Victor Orban (Ungarn), Alexis Tsipras (Griechenland), Ueli Maurer (Schweiz) und sogar Sebastian Kurz (Österreich, kam mit zehnköpfiger Wirtschaftsdelegation) in Peking dann doch.

Sie alle wollen ein ordentliches Stück abhaben vom großen chinesischen Kuchen. Und sie brauchen neue Infrastruktur.

Das führte dann sogar zu der bizarren Situation, dass Delegationsmitglieder von Altmaier und Kurz sich gegenseitig verdächtigten, bilaterale Seidenstrassenabkommen mit China abschließen zu wollen. Beide Seiten wiesen dies gegenüber BILD aber als Unterstellung zurück.

Der Schweizer Bundespräsident Maurer machte sich ehrlich, als er zugab, dass sein Land von der Zusammenarbeit mit China im Handel, bei Investitionen und der Finanzierung von Projekten in Drittländern profitieren wolle. Irgendwann müsse man sich trotz aller Kritik eben entscheiden: „Will man eine Entwicklung verhindern oder will man daran teilnehmen, sich einbringen und Einfluss nehmen.“

  • „Seidenstraße“-Gipfel

    Altmaier in heikler China-Mission

    Zu dem Treffen sind Vertreter aus mehr als 100 Ländern angereist. Für Deutschland nimmt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) teil.

Deutschland kann es sich aufgrund seiner herausragenden Bedeutung als bedeutender Handelspartner Chinas (allein 2018 tauschten beide Staaten Waren im Wert von 200 Milliarden Euro aus) zwar erlauben, dem Seidenstraßen-Abkommen nicht beizutreten – ein Vertrag, der China als Financier schalten und walten lässt, wie es will, eine Verbeugung vor der chinesischen Weltordnung.

Aber: Guten Willen zur Zusammenarbeit musste auch Altmaier in Peking demonstrieren. Allein schon im Interesse von Industrie-Konzernen wie eben Siemens, die als Spezialzulieferer in den Sektoren Bahn-, Schiff- und Hafentechnik das große Geschäft wittern.

Doch auch in Deutschland kommen die Einschläge näher, schon jetzt etwa endet ein Strang der neuen „Seidenstraße“ in Duisburg, wo jede Woche 35 Züge aus China ankommen, die bepackt sind mit Waren für ganz Europa. Der gebeutelten Ruhrgebietsstadt sind die Investitionen hochwillkommen.

In der Bundesregierung heißt es, man könne China seinen Hunger auf Erfolg nicht vorwerfen. Wirtschaftsminister Altmaier aber will alles tun, um zu verhindern, dass Europa am Ende zu seiner vorgelagerten Werkbank wird. Auch deshalb hat er vor einigen Wochen das Industriekonzept aufgeschrieben, für das er von deutschen Mittelständlern als Totalausfall beschimpft wurde. Altmaier will – etwa durch Fusionen – europäische Champions schaffen, die sich mit großen Playern aus China auf Augenhöhe bewegen.

Das Problem: Ihm könnte die Zeit davonlaufen, während China in Europa knallhart Fakten schafft.

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