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Politik - 05.02.2019

Warum die Papst-Reise nach Abu Dhabi historisch ist

Quelle: Reuters
1:06 Min.

Historischer Besuch von Papst Franziskus in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE): Er besucht als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche die Arabische Halbinsel. Das Oberhaupt von rund 1,3 Milliarden Katholiken in einer Region, die als Wiege des Islams gilt – ein bislang einmaliges Ereignis.

Papst Franziskus ist am Montagmittag offiziell von Kronprinz Muhammad bin Zayid im Präsidentenpalast von Abu Dhabi begrüßt worden. Weißer Marmor, goldene Kronleuchter, dicke Teppiche – im Reich der Scheichs zählt der Prunk, das Bild, das große Kino. Der Papst versuchte sich dagegen ein bisschen in Bescheidenheit und rollte in einem Kleinwagen vor. Begleitet von Pferden, Fliegerstaffel und Salutschüssen …

Der Empfang war nach Geschmack des einflussreichen wie umstrittenen Kronprinzen Mohammed bin Said Al Nahjan, der den Papst in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen hatte.

Nach dem Empfang mit militärischen Ehren folgten ein privates Gespräch, der Eintrag ins Gästebuch sowie der übliche Geschenkeaustausch.

▶︎ Schwerpunkt der Reise ist der Dialog zwischen den Religionen. Doch Kritiker warnen aber vor zu viel falscher Toleranz: „Diejenigen, die Sie treffen werden, geben Millionen Dollar für Waffen aus und töten Zehntausende jemenitischer Kinder“, gab der arabische Schriftsteller Ala al-Aswani dem Papst in einem in der Zeitung „La Repubblica“ angedruckten offenen Brief mit auf den Weg.

Am Montagabend griff Franziskus das auf, sagte in Abu Dhabi: „Das Wettrüsten, die Ausweitung der eigenen Einflussbereiche und eine aggressive Politik zum Nachteil anderer werden nie Stabilität bringen. Krieg schafft nichts als Elend, Waffen nichts als Tod!“

Und weiter: „Wir haben die katastrophalen Folgen des Krieges vor unseren Augen.“ Konkret nannte Franziskus „Jemen, Syrien, Irak und Libyen“.

Die Emirate sind mit Saudi-Arabien Teil einer Militärkoalition, die im Jemen gegen die schiitischen Huthi-Rebellen kämpft. Dabei wurden bereits tausende Zivilisten getötet. Die Vereinten Nationen stufen den Krieg als schwerste humanitäre Krise der Welt ein.

Leidenschaftlich auch der Appell des Papstes für volle Menschenrechte, inklusive volle Religionsfreiheit: Er hoffe im gesamten Nahen Osten auf „Gesellschaften, in denen Menschen unterschiedlicher Religionen die gleichen Bürgerrechte genießen“. Bildung und Gerechtigkeit seien die zwei Flügel der Friedenstaube, führte der Papst mit Blick auf das Logo der Reise aus. „Eine Gerechtigkeit, die nur für Familienmitglieder, Landsleute und Gläubige desselben Glaubens gilt“, sei „verschleierte Ungerechtigkeit“.

Der Papst verurteilte religiöse Gewalt scharf. Es sei eine „schwere Entweihung des Namens Gottes, ihn zur Rechtfertigung von Hass und Gewalt gegen den Bruder zu missbrauchen“, sagte er. „Es gibt keine Gewalt, die religiös gerechtfertigt werden kann.“

Seine Rede hielt der Papst vor rund 700 Würdenträgern, darunter muslimische Vertreter, Patriarchen der katholischen Ostkirchen sowie Rabbiner aus mehreren westlichen Staaten.

Laut Vatikan schenkte das Oberhaupt der katholischen Kirche dem Kronprinzen eine Medaille, die an die Begegnung des Heiligen Franz von Assisi mit dem ägyptischen Sultan Malik al-Kamil vor genau 800 Jahren erinnert, um die interreligiöse Ausrichtung seiner Arabienreise zu betonen.

Der Wagen des Papstes wurde auch von einer Pferdestaffel zum erst 2017 vollendeten Präsidentenpalast begleitet. Der riesige weiße Gebäudekomplex ist von 70 Kuppeln überspannt.

Am Dienstag demonstriert der Papst für die Glaubensfreiheit der Christen und feiert mit 135 000 Menschen – unter ihnen aus reiner Neugier auch örtliche Muslime – eine Messe in dem von der Regierung zur Verfügung gestellten „Zayed-Sport’s-Stadion“. Es soll eine der größten Versammlungen in den Emiraten sein, wenn nicht die größte in der Geschichte des noch jungen Staates.

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900 000 Katholiken in den Emiraten

In den Emiraten leben mehr als neun Millionen Menschen, laut Vatikan sind davon etwa 900 000 Menschen katholisch.

In reichen Städten wie Dubai und Abu Dhabi leben vor allem Migranten aus Asien, die zum Arbeiten gekommen sind. Das Land stellt sich als religiös tolerant dar, Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und beklagen, dass Aktivisten inhaftiert würden.

Im Vergleich zu anderen arabischen Staaten stimmt das mit der Toleranz in den Emiraten zu einem gewissen Grad: Katholiken dürfen ihren Glauben praktizieren und Kirchen bauen. Wahre Religionsfreiheit herrscht aber auch in den Emiraten nicht. So dürfen z.B. Muslime nicht zum Christentum konvertieren.

Eine Konversion könne „sozialem Selbstmord gleichkommen“, heißt es in einem Bericht des katholischen Hilfswerks Missio. Der Jubel über den Papst und die offene Selbstbeweihräucherung des Kronprinzen übertünchten bei dem Besuch die sozialen Probleme in dem reichen Öl-Staat.

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