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Politik - 09.12.2018

Nach Paris auch Gewalt in Lyon, Toulouse und Bordeaux

Mehr als 130 Verletzte in Paris +++ 1400 Festnahmen +++ 125 000 Demonstranten landesweit +++ Panzer sichern die Hauptstadt +++ Tränengas und Wasserwerfer massiv im Einsatz +++ Klimaschutz-Demos mit mehr als Zehntausenden in Paris und Marseille

Quelle: BILD / Reuters
1:50 Min.

Frankreich erlebt zum vierten Mal ein Wochenende der Gewalt – und mittlerweile konzentriert sich die Gewalt nicht mehr bloß auf Paris.

Nach Angaben der französischen Polizei kam es auch in Lyon, Toulouse und Bordeaux zu Zusammenstößen mit Demonstranten. Landesweit gingen 125 000 Menschen gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron auf die Straße. Besonders heftig wütete die Gewalt der „Gelbwesten“-Proteste aber in der französischen Hauptstadt: Bei den Ausschreitungen mit mehr als 10 000 Demonstranten gab es rund 135 Verletzte – darunter auch Journalisten.

Schon wenige Stunden vor den angekündigten Massenprotesten hat die Pariser Polizei mehrere Hundert Menschen festgenommen. Darunter waren Verdächtige, die Masken, Steinschleudern, Hämmer und Pflastersteine bei sich trugen. Am Abend stieg die Zahl der vorläufigen Festnahmen auf 1400, 970 befanden sich in Polizeigewahrsam, davon 550 allein in Paris: Bei ihnen wurden beispielsweise Hämmer, Baseball-Schläger oder Boule-Kugeln aus Stahl gefunden.

Auf den Champs-Elysées und an vielen anderen Brennpunkten in Paris kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, Knallkörper explodierten, Rauch stieg auf, die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und sogar Panzer ein.

Eine Gruppe von Demonstranten versucht, die Absperrungen des Nobelkaufhauses Drugstore Publicis in Brand zu setzen. Einzelne dringen in das Geschäft ein, werden aber mit Tränengas vertrieben. Eine Frau wird am Kopf verletzt.

In der Nähe des Kaufhauses löschen Feuerwehrleute brennende Weihnachtsbäume, auch Autos und Barrikaden standen lichterloh in Flammen. Immer mehr Vermummte kamen vor dem Triumphbogen zusammen, der am vergangenen Wochenende von Randalierern beschmiert und zum Teil verwüstet wurde. Einzelne schwenken die Trikolore als Zeichen für den selbst ernannten „Volksaufstand“.

Das Aufgebot der Polizeikräfte war enorm: allein in Paris laut Premierminister Édouard Philippe 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte; im ganzen Land 89 000. Hinzu kommen die Panzerwagen des Typs „VBRG“, die heute einen seltenen Einsatz in Frankreich haben.

Landesweit hatten bis zum Mittag 31 000 Menschen landesweit demonstriert, wie der Sender France Info unter Berufung auf das Innenministerium berichtete. Davon seien 8000 in der Hauptstadt Paris gezählt worden. Innenminister Christophe Castaner hatte die friedlichen Demonstranten aufgerufen, sich nicht unter die „Hooligans“ zu mischen. „Die Unruhestifter können nur dann effektiv sein, wenn sie sich als Gelbwesten tarnen.“

▶︎ Mitten im Weihnachtsgeschäft blieben viele Geschäfte geschlossen, darunter die Prachtmeile Champs-Elysées mit einigen der teuersten Ladenmieten der Welt und die berühmten Kaufhäuser „Galeries Lafayette“ und „Printemps“. Etliche weitere Geschäfte hatten ihre Schaufenster mit Holzplatten verbarrikadiert.

Die Lage in Paris am 8.12.2018

Mehrere Demos der „Gelbwesten“ sind geplant, Museen und Geschäfte werden geschlossen, 8000 Polizisten sind im Einsatz, 12 gepanzerte Fahrzeuge der Gendarmerie stehen bereit

▶︎ ︎Auch der Tourismus ist schwer betroffen: Zahlreiche Sehenswürdigkeiten blieben zu, darunter der Eiffelturm, das Louvre-Museum und die Ausstellungsfläche des Grand Palais in der Nähe der Champs-Elysées.

▶︎ Fußballspiele wurden verschoben, der Verkehr wurde erheblich beeinträchtigt. Viele Metro-Stationen blieben geschlossen, außerdem blockierten Gelbwesten zeitweise die Ringautobahn Péripherique. Die Polizei löste diese Blockade allerdings auf, ohne dass es zu Zusammenstößen kam.

Wer randaliert da?

Frankreichs Innenminister Christophe Castaner sprach im Vorfeld, dass mehr gewaltbereite Unruhestifter kommen würde als am vergangenen Wochenende (Plünderungen, Verwüstungen, mehr als 130 Verletzte), wenn auch weniger Menschen insgesamt demonstrieren würden.

Ursprünglich hatten die „Gelbwesten“ gegen geplante Steuererhöhungen auf Sprit und Diesel demonstriert – dieses Vorhaben legte die Regierung inzwischen auf Eis.

Dennoch weitete der Protest sich aus und richtet sich nun auch gegen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron persönlich, der die Wirtschaft mit Kürzungen der Staatsausgaben reformieren wollte. Viele Demonstranten fordern Macrons Rücktritt sowie höhere Renten und Löhne. Die bisherigen Zusagen der Regierung reichen den Aktivisten nicht aus.

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Und nicht nur das: Auch Schüler und Studenten gingen in den vergangenen Tagen auf die Straße, um gegen Reformen in der Bildungspolitik – etwa härtere Auswahlkriterien für Hochschulen – zu demonstrieren. Auch dabei gab es Gewalt.

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Bislang hielt Macron sich mit Äußerungen zu den Ausschreitungen auffallend zurück. Er kündigte für „Anfang kommender Woche“ eine Stellungnahme an.

Abseits der Gewalt gab es aber auch friedliche Proteste bei Demonstrationen für mehr Klimaschutz. In Paris zählte die Polizei 17 000 Demonstranten, in der Mittelmeerstadt Marseille rund 10 000. Ihnen schlossen sich zum Teil auch „Gelbwesten“ an.

„Gelbwesten“ auch in Belgien und den Niederlanden

Die Protestwelle aus Frankreich schwappte in den vergangenen Wochen auch ins Ausland über. An diesem Wochenende gingen daher auch Menschen in Belgien und in den Niederlanden auf die Straße.
Bei einer Demonstration in Brüssel wurden rund hundert Menschen festgenommen – viele, bevor sie ins Europaviertel gelangen konnten. Auch in Amsterdam und Den Haag gab es kleinere Kundgebungen.

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