Home Politik CDU-Politiker rechtfertigen Moskau-Trip
Politik - 06.11.2018

CDU-Politiker rechtfertigen Moskau-Trip

Roderich Kiesewetter und Andreas Nick diskutierten über eine „neue Weltordnung“

Die seltsame Dienstreise der CDU-Abgeordneten Roderich Kiesewetter (55) und Andreas Nick (51) hat ein Nachspiel.

Nach der Teilnahme der zwei CDU-Bundestagsabgeordneten an der Veranstaltung „Architektur einer neuen Weltordnung: Die Rolle Deutschlands, Russlands und der EU“, finanziert von der Kreml-Stiftung Gortschakow in Moskau, regt sich Kritik in den eigenen Reihen.

  • „neue Weltordnung“

    Deutsche Politiker bei Propaganda-Gipfel in Moskau

    Deutsche und russische Politiker haben sich in Moskau unter dem Motto „Architektur einer neuen Weltordnung“ getroffen.

Detlev Preusse, er arbeitete 34 Jahre als Abteilungsleiter und Osteuropa-Experte in der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und genießt bei Parteifreunden noch immer einen sehr guten Ruf, verfasste am Sonntag bei Facebook einen Brandbrief. In dem kritisierte er Kiesewetter und Nick scharf: „Ich bin schockiert, dass deutsche Abgeordnete, zumal Abgeordnete ‚meiner‘ Partei, mit russischen Politikern über das Thema ,Architektur einer neuen Weltordnung‘ diskutieren.

Preusse erklärt in seinem Beitrag, dass der Titel der Veranstaltung in Mittel- und Osteuropa zwangsläufig Erinnerungen an den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 wecke. Preusse wörtlich: „Folgender Kommentar war meine erste Reaktion. Da werden unsere Partner und Freunde in Polen, in Litauen, Lettland und Estland und in weiteren Staaten Südost- und Osteuropas aber begeistert sein, dass Deutsche und Russen sich über die neue Weltordnung unterhalten. Wieso eigentlich ‚neue‘? (Die abschließende Frage bezog sich darauf, dass sich Berlin und Moskau am 23. August 1939 schon einmal auf eine Weltordnung geeinigt hatten.)“

Auch aufgrund der Finanzierung der Veranstaltung „durch eine Propaganda-Institution des Putin-Regimes“ hätten bei seinen Parteikollegen die Alarmglocken läuten müssen. „Politiker müssten darauf achten, wer ihre Kosten übernimmt“, so Preusse mahnend.

Er betonte, dass er es bedauere, Bundestagsabgeordnete seiner Partei so scharf kritisieren zu müssen. Trotzdem hielt er mittlerweile pensionierte KAS-Wissenschaftler fest: „Es war ein schwerwiegender Fehler der Abgeordneten, mit russischen Politikern – in Moskau – über das Thema ‚Architektur einer neuen Weltordnung‘ zu diskutieren.“

EVP-Abgeordneter: „Teilnahme ist eine Schande“

Auch in der Gruppe der Europäischen Volkspartei (EVP), deren Mitglied die CDU Deutschland im Europäischen Parlament ist, regt sich Kritik an der Teilnahme der beiden deutschen Abgeordneten. Die Nachricht der Moskau-Reise von Kiesewetter und Nick habe „Riesenwellen innerhalb der EVP“ geschlagen, erklärte eine mit dem Sachverhalt vertraute Person gegenüber BILD.

Ein Abgeordneter holt zur direkten Kritik an seinen CDU-Kollegen aus.

Jaromir Stetina, tschechischer Europaabgeordneter der EVP, sagte zu BILD: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass sich Bundestagsabgeordnete, vor allem der CDU, mit Vertretern des Föderationsrats der Russischen Föderation treffen und über ‚eine neue Weltordnung‘ diskutieren. In der EVP-Gruppe beraten wir derzeit zu Sanktionen gegen mehrere Föderationsratsmitglieder. Darum ist die Teilnahme an dem Treffen für mich eine Schande.“

I will attend the debate with Angela Merkel at the plenary of the EP in Strasbourg on November, 13th.@EPPGroup @Europarl_EN pic.twitter.com/5Pq5mixcfe

— Jaromír Štětina (@StetinaEP) November 3, 2018

Und tatsächlich! Ausgerechnet der Gastgeber der Veranstaltung, zu der die Bundestagsabgeordneten am Freitag nach Russland reisten, steht seit April 2018 aufgrund seiner Rolle bei der Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl 2016 auf der Sanktionsliste der USA: Senator Konstantin Kosatschew hielt bei der Veranstaltung die Eröffnungsrede für die russische Seite.

Kritik von Denkfabrik der Europäischen Volkspartei

Ebenfalls Kritik am Treffen kommt von Roland Freudenstein, dem politischen Direktor des Wilfried Martens Centre, der Denkfabrik der EVP. Er sagte zu BILD: „An dieser Reise sind drei Dinge problematisch: die Kombination der Gesprächspartner, das Thema der Konferenz und der Sponsor.“

Laut Freudenstein sollten „Deutsche und Russen gar keine bilateralen Kontakte ohne Polen, Ukrainer und andere Europäer mehr pflegen“. Dies wecke „ungute Assoziationen“ bei Deutschlands östlichen Nachbarn. Zudem diskutiere man „über eine neue Weltordnung heutzutage am besten gar nicht mit Kreml-Vertretern“. Putin habe in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, welche Unrechtsordnung er tatsächlich anstrebe.

Drittens lasse man sich als deutscher Bundestagsabgeordneter „einfach nicht vom Gortschakow-Fonds einladen. Das ist eine Tarnorganisation des Kreml.“ Alle drei Punkte würden „selbstverständlich für alle Teilnehmer, egal von welcher Partei“ gelten, so die indirekte Kritik des EVP-nahen Forschers an den vor Ort anwesenden Abgeordneten der CDU.

CDU-Abgeordnete verteidigen ihre Teilnahme

BILD fragte Nick und Kiesewetter, was sie auf die Kritik aus der EVP-Fraktion und des ehemaligen langjährigen Mitarbeiters der Konrad-Adenauer-Stiftung erwidern.

Roderich Kiesewetter erklärte, er habe „in Rücksprache mit meiner Fraktion als Russland-Berichterstatter im Auswärtigen Ausschuss an den ‚Potsdamer Begegnungen‘“ teilgenommen. Kiesewetter betonte, Deutschland gehe „keine Sonderwege in seinen Beziehungen zu Russland und hält an der Umsetzung der Minsker Beschlüsse fest“.

Er selbst habe bei dem Treffen in Moskau „deutlich die militärische Intervention Russlands in der Ukraine sowie die Verletzung des Budapester Abkommens von 1994“ kritisiert.

Auch Andreas Nick äußerte sich auf Anfrage. „Veranstaltungen zum offenen Dialog und direkten Austausch auch kontroverser Positionen mit schwierigen Partnern sind ein notwendiger und wichtiger Teil parlamentarischer Außenpolitik, bei der die ganze Breite politischer Auffassungen im Bundestag vertreten sein sollte“.

Dabei sei im vorliegenden Fall sowohl der Ukraine-Konflikt als auch die Einhaltung des INF-Vertrags durch Russland diskutiert worden. Nick betonte: „Weiterhin stellen Bedrohungen durch Cyber-Angriffe und Manipulationsversuche im Internet ein klares Hindernis für eine engere Zusammenarbeit dar.“

Andreas Nick werde „auch weiterhin bei Veranstaltungen des Deutsch-Russischen Forums wie dem Petersburger Dialog und den Potsdamer Begegnungen vertreten sein“.

Wer bezahlte das Treffen?

BILD fragte sowohl Kiesewetter als auch Nick, wer für die Kosten der An- und Abreise nach Moskau, die Unterbringung vor Ort und die Ausstattung und Verpflegung während der Konferenz aufgekommen sei. Dies war einer der Kritikpunkte des KAS-Urgesteins Detlev Preusse.

Während Kiesewetter auf die Frage nicht einging, erklärte sein CDU-Fraktionskollege Nick, seine Teilnahme sei „in Abstimmung mit dem zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und auf Grundlage einer Dienstreisegenehmigung des Bundestagspräsidenten und des Auswärtigen Ausschusses“ erfolgt.

  • VITALI KLITSCHKO

    Wer gibt Putin kontra, wenn Merkel nicht regiert?

    Der ehemalige Profi-Boxer Vitali Klitschko (47) ist Angela Merkel als Ukrainer dankbar und sagt: „Putin hatte vor ihr Respekt!“

Eine Antwort, die Fragen offen lässt. Denn das Auswärtige Amt erklärte auf BILD-Nachfrage, das Treffen zur „Architektur einer neuen Weltordnung“ sei von der staatlichen Kreml-nahen „Alexander Gortschakow-Stiftung für öffentliche Diplomatie organisiert und finanziert“ worden.

Auch der Gortschakow-Fonds erklärte auf seiner Homepage, er habe das Treffen organisiert.

В Москве парламентарии России и Германии обсудят роль Москвы, Берлина и Брюсселя в архитектуре нового мирового порядка https://t.co/YlvwEaaPxh pic.twitter.com/7zkyGiHPaP

— Gorchakov_Fund (@Gorchakov_Fund) November 1, 2018

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

„Torpedo Attacke! Torpedo Attacke!“

++ Tanker-Krise im Golf von Oman ++ BILD dokumentiert den dramatischen SOS-Ruf ++ Großbrit…