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Politik - 23.02.2019

„Wir haben versagt“

Indischer Kardinal rechnet schonungslos ab + Hoffnung auf echtes Umdenken innerhalb der katholischen Kirche wächst + „Der Feind ist in unserer Mitte“

Am zweiten Tag des Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan steht das Thema „Rechenschaftspflicht“ im Mittelpunkt der Vorträge und Aussprachen. Auffällig schon zur Hälfte der Konferenz zum Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen: Die Bereitschaft zur Selbstkritik wächst bei den Kirchen-Männern, die Zeit der Ausreden und Beschwichtigungen scheint vorüber.

„Wir müssen bereuen und dies gemeinsam und kollegial tun. Denn auf dem Weg haben wir versagt. Wir müssen um Verzeihung bitten“, sagte der indische Kardinal Oswald Gracias (74) der Erzbischof von Mumbai ist, am Freitag vor den 190 Teilnehmern der Konferenz.

Ändert sich diesmal wirklich etwas grundlegend?

Papst Franziskus (82) hatte bereits am ersten Tag den Druck auf Bischöfe und Ordensvertreter aus aller Welt erhöht, in dem er in seinem 21-Punkte-Papier das Ziel formulierte, „sicherzustellen, dass Priester und Bischöfe, die sich des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig gemacht haben, den Dienst aufgeben.“

Kirchen-Experten sind sicher, dass dieser Akt der Selbstreinigung kirchenrechtliche Verfahren gegen Tausende Priester und Ordensleute bedeuten würde. Laut Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz haben 4,4 Prozent aller Kleriker im Zeitraum zwischen 1946 und 2014 Minderjährige sexuell missbraucht – also etwa einer von 23. Weltweit gibt es deutlich mehr als 1 Million Priester und Ordensangehörige.

Auf Vorschlag US-Kardinal Blase Cupich aus Chicago (USA) diskutieren die Gipfel-Teilnehmer zudem konkrete rechtliche Vorschläge. Sie sollen künftig eine Absetzung von Bischöfen ermöglichen, die beim Umgang mit Missbrauchsfällen versagt haben.

  • Missbrauchs-Gipfel beim Papst beginnt

    Letzte Chance für Taten statt Worte

    Wie die katholische Kirche im Kinderschänder-Skandal versagt – und warum Papst Franziskus endlich Konkretes liefern will und muss.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (65), weckte in einem ARD-Interview Hoffnungen, dass den Absichtserklärungen konkrete Schritte folgen: Der Gipfel werde „nicht ohne Ergebnis sein, das spüre ich jetzt schon“, sagte er.

„Ich hoffe, dass wir am Ende (…) eine Art Commitment der Bischöfe machen, dass wir gemeinsam uns bewusst sind, was hier passiert ist, dass wir das gesehen haben, und dass wir daraus Konsequenzen ziehen, dass wir lernen wollen daraus“.

Eine Abschaffung des Pflicht-Zölibats (Ehelosigkeit katholischer Geistlicher) als Präventionsmaßnahme wies Marx zurück. „Man wird über die Lebensform der Priester sprechen, aber ich glaube nicht, dass das der einzige Punkt ist, an dem der Missbrauch überwunden wird“, so der Erzbischof.

Marx wird am Samstag (10 Uhr) seine mit Spannung erwartete Konferenz-Rede zum Thema „Transparenz“ halten.

Kardinal Marx

„Alle Bischöfe müssen begreifen“

Quelle: Reuters
0:51 Min.

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