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Politik - 21.12.2018

„Mit Mattis geht die letzte Stimme der Vernunft“

Trump ekelt seinen wichtigsten Minister aus dem Amt – Von der Leyen zu BILD: „Er war ein verlässlicher, besonnener Kenner der NATO und Freund Europas“

Quelle: Reuters
1:16 Min.

Ein neues, schweres Erdbeben in der Administration von Donald J. Trump (72).

Nur einen Tag nachdem der US-Präsident angekündigt hatte, dass er die 2000 amerikanischen Elite-Einheiten aus Syrien abziehen wird, hat sein Verteidigungsminister James Mattis (68) abrupt seinen Rücktritt erklärt.

Neben dem Rückzug aller amerikanischen Soldaten aus Syrien denkt US-Präsident Donald Trump Insidern zufolge auch über eine deutliche Reduzierung der US-Truppen in Afghanistan nach. Mehr als 5000 der 14 000 US-Soldaten dort könnten in ihre Heimat zurückkehren, sagte ein mit dem Vorhaben vertrauter Regierungs-Mitarbeiter am Donnerstag.

Die Entscheidung, die Einheit aus Syrien abzuziehen und die Erwägung, die Truppen in Afghanistan zu verkleinern, führten wohl zum endgültigen Bruch.

Trump ekelt seinen wichtigsten Minister raus

Während Mattis in einem Brief seine Rücktritts-Entscheidung detailliert begründete, deutete Donald Trump in einem Tweet an, dass er ihn quasi in „Rente“ geschickt habe. Ein Widerspruch, der klar macht, wie tief der Bruch zwischen dem 45. Commander-in-Chief der USA und seinem Pentagon-Chef ist.

„General Jim Mattis wird sich Ende Februar mit Auszeichnung zur Ruhe setzen, nachdem er zwei Jahre als Verteidigungsminister meiner Administration gedient hat“, twitterte Trump in der vergangenen Nacht.

General Jim Mattis will be retiring, with distinction, at the end of February, after having served my Administration as Secretary of Defense for the past two years. During Jim’s tenure, tremendous progress has been made, especially with respect to the purchase of new fighting….

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 20, 2018

Trump lobte den Mann mit dem Spitznamen „Mad Dog” vordergründig: „Während Jims Amtszeit wurden enorme Fortschritte besonders bezüglich des Kaufes von neuer Kampf-Ausrüstung gemacht“, schrieb er weiter. Doch er erwähnte die Sicht des Vier-Sterne-Generals über die militärische Rolle der USA und ihre Sicherheitspolitik mit keinem Wort.

Dafür kündigte er an: „Ein neuer Verteidigungsminister wird schon bald ernannt. Ich danke Jim sehr für seinen Dienst.“

….equipment. General Mattis was a great help to me in getting allies and other countries to pay their share of military obligations. A new Secretary of Defense will be named shortly. I greatly thank Jim for his service!

— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 20, 2018

Im Ausland sorgte Mattis‘ Rauswurf für Bestürzung. Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, twitterte:

Nach dem Rücktritt von General #Mattis werden wir uns auf noch mehr #Trump-Willkür in der US-Außenpolitik gefasst machen müssen. Für das Transatlantische Verhältnis bedeutet dies nichts Gutes!

— Norbert Röttgen (@n_roettgen) December 21, 2018

Das Alleinstellungsmerkmal der #USA gegenüber anderen Mächten ist ihr Netz von Allianzen und die damit verbundenen Freundschaften. General Mattis hat das verstanden – #Trump nicht, wie der Truppenabzug in #Syrien mal wieder zeigt. Mit #Mattis geht die letzte Stimme der Vernunft.

— Norbert Röttgen (@n_roettgen) December 21, 2018

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) äußerte ihr Bedauern über den Mattis-Abgang:

► „Wir schätzen einander sehr. Jim Mattis ist für mich immer ansprechbar und ein verlässlicher, besonnener Kenner der NATO und Freund Europas“, sagte sie BILD. Und weiter: „Jim Mattis weiß, dass man gute Freundschaften pflegen muss und dass die USA davon wie wir profitieren.“

Syrien-Konflikt Grund für den Bruch mit Mattis

In Washington hatte es bereits in den Stunden zuvor Berichte über Meinungsverschiedenheiten der beiden gegeben. Es ging um die Syrien-Politik des Weißen Hauses.

„Verteidigungsminister Mattis gehört zu dem Lager, für das der Job in Syrien noch nicht getan ist“, sagte US-Senator Lindsey Graham (South Carolina) in einem Interview mit dem Nachrichten-Sender CNN.

Graham, der mit Mattis am Mittwoch über Trumps Entscheidung gesprochen hatte, fügte hinzu: „Die Kurden jetzt im Stich zu lassen, wird uns später weh tun.“ Die Terror-Miliz ISIS könnte und werde vermutlich neu erstarken.

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Laut des republikanischen Senators stehe Mattis mit dieser Meinung in der Trump-Administration nicht allein. „Ich denke, dies ist die grundsätzliche Sicht von beiden, Mattis und Außenminister Mike Pompeo.“

Weitgehend allein scheint derweil Trump mit seiner Auffassung zu stehen, dass die Terror-Miliz besiegt sei. Denn auch sein Sicherheitsberater John Bolton (70) hatte in den vergangenen Tagen vor einem übereilten Abzug aus Syrien gewarnt.

James Mattis, der 2003 die 1. Marineinfanterie-Division der USA bei der Invasion des Iraks leitete und später unter Ex-Präsident Barack Obama zum 11. Oberbefehlshaber des streitkräfteübergreifenden „US Central Command“ wurde, äußerte sich gestern in einem Brief zu seinem Abschied aus dem Pentagon. Es war eine knallharte Abrechnung mit Trump.

„Eine meiner Kernüberzeugungen war es immer, dass unsere Stärke als Nation untrennbar mit unserem einzigartigen System von Allianzen und Partnerschaften verbunden ist“, schrieb er.

Und weiter: „Während die USA eine unverzichtbare Nation der Freien Welt bleiben, können wir unsere Interessen nicht schützen oder diese Rolle effektiv ausüben, ohne starke Allianzen aufrecht zu halten und unsere Verbündeten zu respektieren.“

NEW: Mattis's resignation letter, via @Elizabeth_McLau: "Because you have the right to have a Secretary of Defense whose views are better aligned with yours on these and other subjects, I believe it is right for me to step down from my position." pic.twitter.com/u2cPrgQQKV

— Conor Finnegan (@cjf39) December 20, 2018

Seine Worte wurden als klare Kritik an Trumps Attacken gegen die NATO sowie seine weiche Haltung gegenüber Russland gedeutet. Mattis erklärte zwar, dass er wie Trump der Meinung sei, dass die USA nicht mehr der Polizist der Welt sein sollten. Doch das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Vor allem bei den klassischen Gegnern der USA und der Nato forderte er eine eindeutige Linie des Weißen Hauses. Er warnte: „Es ist klar, dass China und Russland (…) eine Welt schaffen wollen, die mit ihrem autoritären Model übereinstimmt (…), um ihre eigenen Interessen auf Kosten ihrer Nachbarn, Amerika und unserer Alliierten zu fördern.“

Mattis verlangte zudem, dass die USA das Sicherheits-System, das der Westen in der Nachkriegszeit aufgebaut hat, fortsetzen müsse. „Wir müssen alles Erdenkliche tun, um eine internationale Ordnung fortzuführen, die entscheidend für unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Werte sind. Und wir werden dabei durch die Solidarität mit unseren Alliierten gestärkt.“

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Schliesslich legte er Trump nahe, sich einen neuen Pentagon-Chef zu suchen. „Weil Sie das Recht haben, einen Verteidigungsminister zu haben, dessen Sicht besser in dieser und in anderen Angelegenheiten mit der ihren übereinstimmt, glaube ich, dass es richtig für mich ist, zurückzutreten.“

Die US-Medien reagierten besorgt über den Rücktritt des Vier-Sterne-Generals, der sowohl den Respekt von den Demokraten als auch Republikanern genießt. „Mattis tritt wegen Trumps Befehl zurück, die Truppen aus Syrien abzuziehen“, schrieb die „New York Times“ und fragte: „Wer wird die USA nun beschützen?“

Fest steht schon jetzt: Der Rücktritt des angesehenen Generals hat das Potential zu einer der bisher tiefsten Krisen zu werden, die Donald Trump in seiner Präsidentschaft bisher erlebt hat. 



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