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Politik - 11.03.2019

„Es wäre ein Fehler, jetzt zu früh rauszugehen“

Er wolle ein klares Zeichen setzen, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (52) vor seiner Reise nach Afghanistan am Sonntag: Deutschland stehe zu seiner Verantwortung, die es als zweitgrößter Geber und Truppensteller in Afghanistan übernommen hat.

Am Sonntagabend landete der SPD-Politiker mit seiner Delegation im Camp Marmal, acht Kilometer östlich der Stadt Mazar-e Sharif.

Die Reise soll auch für eine Verlängerung des Mandats werben, das am 31. März endet. Kommende Woche soll im Bundestag darüber abgestimmt werden.

▶︎ „Es wäre ein Fehler, jetzt zu früh rauszugehen“, sagt der Minister am Montag vor den Soldaten und Polizisten im Camp.

Deutschland beteiligt sich seit Januar 2015 an der Nato-Ausbildungsmission „Resolute Support“, stellt aktuell bis zu 1300 Soldaten. 13 Nato-Staaten und acht Verbündete bilden afghanische Sicherheitskräfte aus, wollen einen stabilen Rahmen für einen künftigen Friedensprozess in dem kriegsgeschüttelten Land herstellen. Die Bundeswehr leitet das Camp, in dem aktuell rund 2000 Soldaten stationiert sind.

„Was hier mühselig und langsam aufgebaut wurde, kann sehr schnell wieder zusammenbrechen, wenn man sich überhastet zurückzieht“, so Maas. Man wolle mit allen Mitteln die Bemühungen der Kräfte vor Ort weiter unterstützen – und zwar mit breiter politischer Rückendeckung und möglichst großer Mehrheit im Bundestag, sagte Maas.

2019 sei angesichts der fragilen Lage und politischen Bewegung ein entscheidendes Jahr für Afghanistan. Im Juli stehen die Präsidentschaftswahlen in dem Vielvölkerstaat an. An den Parlamentswahlen im Oktober 2018 hatten sich trotz massiver Drohungen durch die Taliban etwa 40 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Landesweit gab es offiziellen Angaben zufolge am Wahltag etwa 200 Anschläge mit 36 Todesopfern, darunter 27 Zivilisten.

Mehr als 3000 zivile Opfer im letzten Jahr

Die Lage im Land hat sich zuletzt massiv verschlechtert, 2018 war das verlustreichste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen mit 3804 zivilen Opfern, darunter 927 Kinder. Beinahe täglich kommt es zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte, Regierungsmitarbeiter und Zivilisten, vor allem in der Hauptstadt Kabul. Rund 60 Prozent Afghanistans (35 Mio. Einwohner) sind aktuell umkämpft oder von den Taliban kontrolliert. Nur etwa 20 Kilometer westlich von Mazar-e Sharif stehen die islamistischen Kämpfer.

Angesichts der im Raum stehenden Ankündigung eines Teilabzugs der US-Truppen ist die Unsicherheit in Afghanistan groß. Die USA verhandeln zudem seit vergangenem Jahr direkt mit den Taliban, unter Ausschluss der afghanischen Regierung.

Insbesondere die afghanischen Frauen fürchten, dass ihre Rechte und Freiheiten einer Einigung mit den Taliban zum Opfer fallen könnte – Frauen als Opfer des Friedens sozusagen.

In den Jahren der Taliban-Herrschaft durften Mädchen nicht zur Schule gehen, Frauen sich nicht frei bewegen. Heute besuchen je nach Schätzung zwischen 35 bis zu 60 Prozent aller Mädchen eine Schule, mehr als ein Drittel aller Studenten an afghanischen Universitäten sind Frauen.

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    Vier Auslandseinsätze unserer Soldaten sollen bis Ende März 2020 verlängert werden, hat das Bundeskabinett heute entschieden.

Deutschland war „überrascht“ von US-Ankündigung

Deutschland – immerhin zweitgrößter Truppensteller – war „überrascht“ von der US-Ankündigung, Truppen aus Afghanistan abziehen zu wollen. Ein Rahmen sei nicht bekannt, weder in Truppenzahlen noch zeitlich, hört man im Camp. Auch bei den Verhandlungen der USA mit den Taliban spielt Deutschland keine Rolle.

Die Vertretungen der Bundesregierung im Land sind zudem schwer angeschlagen: Nach Anschlägen sind sowohl die Botschaft in Kabul als auch das Generalkonsulat in Masar-e-Sharif nicht mehr nutzbar, die verbliebenen Botschafts-Mitarbeiter arbeiten in Containern, das Konsulat ist nach einem Anschlag 2016 ins Bundeswehrcamp gezogen.

Nächster Halt: Pakistan

Am Montagabend reist Maas weiter nach Pakistan. Auch dort soll es um den Friedensprozess im benachbarten Afghanistan gehen. Dort liege ein „wichtiger Schlüssel“ für ein stabiles Afghanistan, sagte der Minister vor der Abreise. Er wolle deshalb auch in Islamabad für eine engere Kooperation der beiden Nachbarstaaten werben sowie über die jüngsten Spannungen mit Indien sprechen.

Pakistans Regierung und insbesondere der Geheimdienst unterstützte in der Vergangenheit immer wieder islamistische Extremisten in der Region, um Nachbarstaaten zu destabilisieren. Zwar hat die Regierung aktuell wieder mehrere Büros von Terrororganisationen in Pakistan geschlossen, doch in der Vergangenheit waren das leere Gesten, die Büros waren nach wenigen Monaten wieder offen, die Anführer weiter auf freiem Fuß.

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