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Politik - 20.10.2018

Diese Frau legt sich mitDiktator Duterte an

„Sie haben meinen Sohn umgebracht“

Seit 28 Monaten tobt der Drogenkrieg von Philippinen-Präsident Rodrigo Duterte mittlerweile –mehr als 27 000 Menschen sind dem radikalen Kampf gegen die Rauschmittel-Kriminalität zum Opfer gefallen, manche Organisationen gehen von noch mehr Toten aus.

Lange Zeit stimmten viele Filipinos für den Kurs ihres Pöbel-Präsidenten – doch inzwischen gibt es immer mehr Menschen, die das brachiale Vorgehen verurteilen. So auch Irma Locasi, deren Sohn bei einer Razzia erschossen wurde.

»Er wollte sich ergeben

Traurig steht Irma Locasi in einer düsteren Gasse in Manila. An grauen Hauswänden lehnen ein paar verwitterte Holzlatten. Auf dem Boden haben Kinder mit weißer Kreide einen Hüpfkasten gemalt. „Hier haben sie meinen Bong Bong erschossen“, sagt Irma und kämpft mit den Tränen.

Die 62-Jährige in dem roten Adidas-T-Shirt erinnert sich genau an den 31. August 2016.

Nach dem Abendessen war der 40-jährige Bong Bong zu einer Totenwache in der Nachbarschaft gegangen. Gegen 23.00 Uhr stürmten bewaffnete Männer die Trauergemeinde, stellten das Licht aus, zwangen die Anwesenden auf den Boden, zerrten Bong Bong in die Gasse und erschossen ihn. „Bong Bong wollte sich ergeben“, weiß Irma von Teilnehmern der Totenwache. „Sie haben ihn trotzdem umgebracht.“

Wer „sie“ sind, ist unklar im Anti-Drogenkrieg. „Manchmal ist es die Polizei, manchmal sind es anonyme Todesschwadronen“, sagt Pfarrer Gilbert Billena beim Mittagessen im Pfarrhaus.

Der Karmeliterpater ist der Priester der Gemeinde San Isidro Labrador in Bagong Silangan und Sprecher von „Rise Up“ („Aufstehen“), einer Gruppe aus rund 150 Familien von Opfern des Drogenkriegs. „Wir unterstützen die Familien, helfen Witwen und Eltern, das Trauma zu bewältigen.“

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„Ein Krieg gegen die Armen“

Die Menschen in Bagong Silangan, einem Viertel von Manila, sind sehr arm. Sie arbeiten als Tagelöhner auf Baustellen, als Fabrikarbeiter oder in einem der vielen Callcenter in Manila.

„Hier leben hauptsächlich Menschen, die aus ihren früheren Wohnvierteln vertrieben wurden“, sagt Billena. Bagong Silangan ist ein typischer „Tatort“ im Anti-Drogenkrieg. „Umgebracht werden Menschen in den Armutsvierteln. Das ist ein Krieg gegen die Armen. Voriges Jahr wurden direkt vor unserer Kirche drei Menschen erschossen. Wir haben die Schüsse gehört.“

Für den Besucher ist in dem Viertel nichts von dem Drogenkrieg zu spüren. In kleinen Läden werden Reis, Gemüse und Haushaltswaren feilgeboten. In Gassen spielen Kinder und kutschieren farbenfrohe Pedicabs (Fahrradrikschas) ihre Fahrgäste zum gewünschten Ziel. An Straßenständen gibt es mit Zucker bestreute, gegrillte Bananen zu kaufen. Das Rathaus hat sich schon mit vielen Girlanden und Nikolausfiguren weihnachtlich herausgeputzt. „Der Eindruck täuscht“, sagt Roselle Tullao. „Die Menschen haben Angst und sind traumatisiert.“

Tullao ist Sozialarbeiterin bei „Rise Up“ und unterstützt das Netzwerk bei der Dokumentation der Morde im Anti-Drogenkrieg des Präsidenten. „Das ist sehr schwierig. Wir sind nur auf die Aussagen von Zeugen angewiesen. Viele haben Angst vor der Polizei. Die Polizei wiederum rückt natürlich keine Dokumente raus“, sagt Tullao.

Die Dokumentation solle helfen, vielleicht doch eines Tages die Täter zur Verantwortung zu ziehen, allen voran Präsident Duterte.

„Wir haben mit Hilfe der ‚Nationalen Vereinigung der Volksanwälte‘ Klage vor dem internationalen Strafgerichtshof eingereicht“, sagt Tullao mit einem gewissen Stolz.

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„Irma ist eine der Klägerinnen.“ Irma nickt zustimmend. Sie ist zwar arm, verdient als Straßenkehrerin umgerechnet 32 Euro im Monat. Damit muss sie über die Runden kommen, einschließlich der Medikamente für ihren Mann, der seit einem Schlaganfall arbeitsunfähig ist.

Aber Irma lässt sich nicht unterkriegen. Für Gerechtigkeit für ihren Bong Bong zu kämpfen, ist für die Mutter von zwei erwachsenen Kindern eine Selbstverständlichkeit.

Irma hat einen dicken Kropf. „Der ist erst nach dem Tod von Bong Bong gewachsen“, sagt sie. „Das ist der Stress. Das ganze Leid ist in mir drin.“

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