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Politik - 09.03.2019

Brexit-Briten schießen sich auf Juncker ein

Londons Außenminister behauptet: „Künftige Generationen werden sagen, dass die EU in diesem Moment falsch gelegen hat“

21 Tage vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens bläst die Regierung von Theresa May (62) zur Attacke.

„Ich glaube ehrlich gesagt, dass künftige Generationen sagen werden, dass die EU in diesem Moment falsch gelegen hat, wenn das in Bitterkeit endet“, sagte Außenminister Jeremy Hunt in der BBC. Hintergrund sind Befürchtungen, dass das von May ausgehandelte Brexit-Abkommen am Dienstag erneut im britischen Unterhaus durchfällt.

Für einen Hauch von Selbstkritik reichte es dann doch noch: „Die Geschichte wird über beide Seiten ein schlechtes Urteil fällen, wenn wir dies nicht schaffen“, sagte Hunt.

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Daran drohen die Nachverhandlungen zu scheitern

Seit Tagen versuchen Unterhändler in Brüssel, Zugeständnisse beim sogenannten Backstop zu verhandeln, jener Notfallklausel, die die neue EU-Außengrenze zwischen Irland und Nordirland offen halten soll, falls Briten und EU sich auf kein neues Handelsabkommen einigen können. Damit soll ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts (3000 Tote bis zum Jahr 1998) verhindert werden.

Brüssel ist bereit, Zusicherungen zu geben, dass der Backstop nicht als Dauerlösung gedacht ist, erst recht nicht als Falle, um die Briten dauerhaft in die Zollunion zu zwingen. Ein Ablaufdatum oder ein einseitiges Kündigungsrecht lehnte die EU aber bisher kategorisch ab.

Und genau das haben die Brexit-Hardliner im britischen Unterhaus zur Bedingung gemacht, um Mays im ersten Anlauf krachend gescheitertes Abkommen (202 zu 432 Stimmen) am Dienstag doch noch durch ihre Unterstützung zu retten.

Jetzt ein Zeichen der Europäischen Union. EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier hat Großbritannien angeboten, bei der umstrittenen Auffanglösung für Nordirland nicht Teil einer Zollunion mit der Europäischen Union zu sein. Die EU gebe London „die Option zu einem einseitigen Austritt“ aus der Zollunion, schrieb Barnier am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das Nordirland-Problem ist die schwierigste Frage bei der Ratifizierung des bereits einmal durch das britische Unterhaus abgelehnten Austrittsabkommens.

May: „Auch die EU muss eine Entscheidung treffen“

Am Freitag drängte Premierministerin Theresa May die EU zu Zugeständnissen, versuchte, den Druck auf Jean-Claude Juncker zu erhöhen: „So wie die Parlamentarier in der kommenden Woche eine große Entscheidung treffen müssen, so muss die EU ebenfalls eine Entscheidung treffen“, sagte May am Freitag vor Arbeitern in der ostenglischen Hafenstadt Grimsby, wo beim Referendum 2016 mehr als 70 Prozent für den Brexit gestimmt hatten.

Und weiter: „Wir sind beide Teil dieses Prozesses. Es liegt im Interesse Europas, dass das Vereinigte Königreich mit einem Vertrag austritt.“

Gleichzeitig widersprach May Einschätzungen britischer Medien, sie habe kaum eine Chance, im zweiten Anlauf zu siegen. Es fehle „nur noch ein einziger Schubs“, um die Bedenken des Parlaments in London auszuräumen.

„Ohne Deal verlassen wir die EU vielleicht nie“

Und wenn es schiefgeht? „Wenn die Abgeordneten den Deal ablehnen, gibt es keine Gewissheiten. Es wäre ein Zeitpunkt der Krise“, sagte May. Dies könne letztlich bedeuten, „dass wir die EU vielleicht nie verlassen werden“.

Die Premierministerin bekräftigte, dass ihre Regierung weiterhin rechtlich bindende Änderungen an der umstrittenen Auffanglösung für Nordirland verlangt.

EU-Diplomaten kontern, die Formulierung der Klausel sei bereits einmal auf Bitten aus London umformuliert worden. Das Abkommen könne jetzt nicht noch einmal aufgeschnürt werden, dies habe man May mehrfach klargemacht.

Am Wochenende sollen die Verhandlungen in die entscheidende Runde gehen, Beobachter halten auch ein weiteres Treffen von May und Juncker für möglich.

Das passiert in der kommenden Woche

Das Unterhaus hatte vergangene Woche einen Drei-Stufen-Plan der Premierministerin zum Vorgehen beim Brexit gebilligt. Wird das Brexit-Abkommen am 12. März erneut abgelehnt, stimmen die Abgeordneten tags darauf über einen Austritt ohne Vertrag ab. Wird auch dies zurückgewiesen, entscheiden sie am 14. März über eine Verschiebung des Austrittsdatums. Dies gilt inzwischen als wahrscheinlichste Option. Ob und wie sich die Blockade im Parlament dann auflösen lässt, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier stichelte zuletzt in Richtung Theresa May: „Beim Brexit brauchen wir nicht mehr Zeit, sondern eine Entscheidung.“

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