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Wirtschaft - 17.01.2019

Was steckt hinter dem deutschen Milliardenfonds für Afrika?

Die Bundesregierung will deutsche Firmen beim Afrikageschäft mit einer Milliarden Euro unterstützen. Wie der geplante Fonds aussehen soll, war bisher unklar. Nun sind erste Informationen öffentlich geworden.

Die Ankündigung trieb den anwesenden Unternehmensvertretern fast die Freudentränen in die Augen: Auf einer großen Afrikakonferenz Ende Oktober 2018 versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel der Wirtschaft einen Fonds von einer Milliarde Euro für Investitionen in Afrika.

„Natürlich werden unternehmerische Chancen und Risiken immer gegeneinander abgewogen. Um die Entscheidung für ein Engagement zu erleichtern, braucht man bessere Investitionsbedingungen – für afrikanische Unternehmen genauso wie für europäische“, so Merkel damals.

Das Versprechen der Kanzlerin schien einem Strategiepapier der Wirtschaft entsprungen zu sein. Ende April hatte der Afrikaverein der deutschen Wirtschaft, in dem über 600 Unternehmen zusammengeschlossen sind, genau diese Summe gefordert.

‚Mehr heiße Luft als Programmatik‘

Doch konkrete Informationen über den Fonds mit dem sperrigen Arbeitstitel „Entwicklungsinvestitionsfonds“ sind seitdem nicht in die Öffentlichkeit gedrungen. Die Grünen – von Anfang an Kritiker des Projekts – haben nun die Bundesregierung per Anfrage um Auskunft gebeten. Von den Antworten fühlen sie sich bestätigt – der Fonds sei „mehr heiße Luft als Programmatik“, meint Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, im DW-Interview. 

Bundeskanzlerin Merkel beim Afrika-Gipfel im Oktober 2018: Mehr Investitionen gewünscht

Laut Antwort der Bundesregierung sollen bis Mitte 2019 zwei Fonds aufgebaut werden: „AfricaConnect“ für Investitionen deutscher und europäischer Unternehmen und „AfricaGrow“ für afrikanische Firmen. Dazu soll bis Ende 2019 noch ein „Wirtschaftsnetzwerk Afrika“ stoßen, das nach Angaben der Regierung deutsche Unternehmen beim Afrikageschäft beraten soll. Genaue Angaben, was gefördert werden soll, gibt das Papier aber nicht.

„Aus meiner Sicht ist nach wie vor noch relativ diffus, was konkret auf die Unternehmen zukommt und welche Möglichkeiten der Förderung sie in Zukunft haben, wer die durchführenden Akteure sind und an wen man sich wenden kann“, sagt auch Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrikavereins, zur DW. 

Eine Milliarde Euro für drei Jahre

Klar ist allerdings, mit welcher Summe die Unternehmen rechnen können. Für die drei Programme zusammen ist eine Milliarde Euro vorgesehen – allerdings nicht pro Jahr, sondern bis Ende 2021. „Auf jeden Fall haben wir es hier nicht mit den ganz großen Summen zu tun“, sagt der deutsche Afrikawissenschaftler Robert Kappel zur DW. „Selbst eine Milliarde, wenn sie denn pro Jahr gegeben würde, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Das auf drei Jahre auszudehnen bedeutet, dass noch weniger Mittel zur Verfügung sind.“ Und: Vorrangig sollen Investitionen in den Mitgliedsländern des „Compact with Africa“ gefördert werden. Der umfasst aber nur zwölf Länder.

Unklar ist, woher die Gelder stammen werden. „Es handelt sich sowohl um zusätzliche Mittel, als auch um Anrechnungen aus den bestehenden Haushaltsansätzen“, schreibt die Bundesregierung. Kritiker wie Kekeritz treibt die Sorge um, dass Gelder aus anderen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit umgeschichtet werden könnten. „Wenn Mittel umgeschichtet werden, dann heißt das, dass sie aus anderen Bereichen kommen müssen. Zum Beispiel aus dem Gesundheitsbereich, dem Bildungsbereich, der Familienbereich und das heißt, dass in diesen Bereichen weniger Mittel zur Verfügung stehen. Dabei sind das zentrale Bereiche, die wir zukünftig eigentlich stärker fördern müssten“, sagt Kekeritz.

Mechaniker im 2018 eröffneten Volkswagen-Werk in der ruandischen Hauptstadt Kigali

Reichen die Sozialstandards aus?

In einem anderen Punkt kommt die Bundesregierung ihren Kritikern dafür entgegen. Mit den Geldern aus den Fonds sollen nur Investitionen gefördert werden, die ökologische und soziale Standards einhalten. Entwicklungsorganisationen drängen darauf schon lange. „Dabei soll eine Orientierung an den Standards erfolgen, die auch bei Projekten der KFW [Kreditanstalt für Wiederaufbau] und DEG [Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft] einzuhalten sind“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Für Grünen-Politiker Kekeritz ist das aber noch zu unkonkret: „Ich glaube, dass die Sozial- und Umweltstandards formell genannt werden. Aber offensichtlich hat die Regierung noch kein Konzept, wie sie sie umsetzen will und hat auch keinen Plan dafür.“

Auch die Wirtschaft sieht die Standards nicht gerne, allerdings aus anderen Gründen. „Standards sind natürlich richtig und wichtig“, sagt Christoph Kannengießer vom Afrikaverein. „Man muss allerdings aufpassen, dass man nicht zu viel Bürokratie schafft und große Monitoringstrukturen aufbaut, die für die Unternehmen mit hohem Aufwand verbunden sind.“

Allerdings: Afrikaexperte Kappel warnt vor zu großen Erwartungen an den Fonds. 2016 sind durch deutsche Investitionen in Afrika nach seinen Angaben nur knapp 2400 Arbeitsplätze auf dem Kontinent entstanden. „Man kann keinen Unternehmer dazu zwingen, Arbeitsplätze zu schaffen. Er wird so investieren, dass eine Investition auch profitabel ist, es wird dem Unternehmen nicht in erster Linie darum gehen, Arbeitsplätze zu schaffen“, so Kappel.

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