Home Wirtschaft Wann kommen Fahrverbotefür Euro-6-Diesel?
Wirtschaft - 14.12.2018

Wann kommen Fahrverbotefür Euro-6-Diesel?

Alte Diesel treffen immer häufiger Fahrverbote in den Städten – doch nach diesem Urteil könnte es auch neue Diesel-Modelle treffen!

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg erklärte am Donnerstag, die EU-Kommission habe zu Unrecht die Stickoxid-Grenzwerte für die neueste Abgasnorm Euro 6 aufgeweicht, also zu hoch festgelegt.

Die drei Hauptstädte Paris, Brüssel und Madrid hatten gegen diese höheren Grenzwerte geklagt, weil sie ihren Bemühungen um die gesetzlich vorgeschriebene Luftreinhaltung zuwiderliefen, sprich: Sie wollen Fahrverbote durchsetzen.

Welche Folgen das Urteil in der Praxis hat, ist unklar. Klar ist nur: Umweltexperten freuen sich, Auto-Verbände warnen.

Was genau hat das Gericht kassiert?

Es geht um die Verordnung, mit der 2016 die Abgasmessung im realen Straßenbetrieb anstelle des bis dahin üblichen Labortest eingeführt wurde. Die Vorschrift ist nun teilweise nichtig, muss nach einer Übergangszeit von mindestens einem Jahr nachgebessert werden.

Hintergrund: Die EU-Kommission hatte vor zwei Jahren den geltenden Emissionsgrenzwert für Diesel-Pkw von 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer über einen Korrekturfaktor für eine Übergangszeit heraufgesetzt, erst 168 Milligramm und danach 120 Milligramm festgelegt. Das wurde mit messtechnischen Ungenauigkeiten bei der Messung nach RDE (real drive emissions), also nicht auf dem Rollenprüfstand, sondern während der Fahrt auf der Straße begründet.

Diese Maßnahme kam den Autobauern entgegen – und wurde nun vom EuG kassiert.

  • Von Madrid bis Oslo

    Kann ich mit meinem Diesel eigentlich noch verreisen?

    Diesel-Fahrverbote: Während in Deutschland diskutiert und gemeckert wird, sind sie in anderen EU-Ländern häufig schon Realität!

  • Jens Spahn im BILD-Talk

    »Fahrverbote sind das Unsozialste, was es gibt

    Gesundheitsminister Spahn kämpft um den CDU-Vorsitz, Freitag entscheidet der Parteitag. Im BILD-Talk stellte er sich Fragen der Leser.

DUH und Grüne freut das Urteil

Nach Einschätzung von Umweltexperten könnte das Urteil das Ende von Euro-6-Dieseln einläuten, wenn der Grenzwert von 80 Milligramm schneller gelten müsste!

▶︎Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht sich bestätigt. „Wir freuen uns sehr, dass das Gericht der Europäischen Union den von Diesel-Abgasgift belasteten Menschen in unseren Städten mit diesem Urteil den Rücken stärkt“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

▶︎Auch die Grünen im Europa-Parlament begrüßten den Gerichtsentscheid: „Das Urteil nimmt den Automobilunternehmen die Lizenz zum Verschmutzen. Es ist ein Sieg für alle in der Europäischen Union, die mit den gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung zu kämpfen haben“, erklärte die klimapolitische Sprecherin der Fraktion, Rebecca Harms.

▶︎Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte, die Schlupflöcher bei den Abgas-Gesetzen seien groß genug, um mit einem SUV durchzufahren.

FDP-Experte warnt vor „grüner Hexenjagd“ auf den Diesel

Andere Experten geben – vorerst – Entwarnung: Das EU-Gericht stelle lediglich fest, dass die EU-Kommission nicht allein die Umrechnungsfaktoren für die neuen Grenzwerte vorgeben dürfe, erklärt der Verband der Automobilindustrie (VDA). „Das Urteil kritisiert weder Messmethode der Abgasstraßenmessungen noch die konkrete Ausgestaltung der Grenzwerte“, hieß es.

Konkrete Auswirkung des Urteils: Völlig offen. Wahrscheinlich müssen neue Grenzwerte ausgehandelt werden – unter Einbeziehung des EU-Parlaments.

▶︎ Das EuG habe das Gesetzgebungsverfahren mit Durchführungsrechtsakten nur rein formell beanstandet, in der Sache wird das Urteil nicht zu zusätzlichen Fahrverboten für neue Fahrzeuge führen, erklärt auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Oliver Luksic. Die Bundesregierung müsse nun eine notwendige Anpassung der Grenzwerte für RDE-Messungen in Brüssel schnell auf den Weg bringen, um Sicherheit für Verbraucher und Industrie zu schaffen.

ABER: „Die neuen RDE-Grenzwerte sind bereits außerordentlich ambitioniert und weit schärfer als die bisherigen Regelungen, insofern kann man nur vor einer grünen Hexenjagd auf den Dieselmotor warnen“, sagte Luksic weiter.

Wie geht es weiter?

Die Kommission hat die Möglichkeit, innerhalb von zwei Monaten Berufung gegen die gerichtliche Entscheidung einzulegen, erklärt der VDA weiter. Zudem gebe das Urteil eine Frist von weiteren zwölf Monaten vor, in denen keinerlei Änderungen vorgenommen werden könnten. Damit sei Rechts- und Planungssicherheit gewährt, teilte der VDA mit. Allerdings muss die EU-Kommission in dieser Zeit einen neuen Gesetzesvorschlag vorlegen.

▶︎Auch der ADAC geht nicht davon aus, dass sich das Urteil unmittelbar auf die Rechtslage in Deutschland auswirkt, warnt aber schon mal: „Die Verbraucher müssen sich absolut darauf verlassen können, dass bereits gekaufte oder aktuell im Handel angebotene Euro-6-Fahrzeuge allen gesetzlichen Vorgaben entsprechen“, erklärte der Autoclub.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

„Torpedo Attacke! Torpedo Attacke!“

++ Tanker-Krise im Golf von Oman ++ BILD dokumentiert den dramatischen SOS-Ruf ++ Großbrit…