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Wirtschaft - 27.05.2019

Von „Dr. Z“ zu Ola – Chefwechsel bei Daimler

Nach mehr als 13 Jahren an der Spitze des Autobauers Daimler verlässt Dieter Zetsche den Chefposten. Er übergibt an den Schweden Ola Källenius. Der kommt mit einem kühnen Ziel.

Es ist ein Abgang mit Ansage: Ende September des vergangenen Jahres verkündete der Stuttgarter Autobauer den Rückzug von Dieter Zetsche zur nächsten Hauptversammlung. Der Mann mit dem markanten Schnauzbart soll ab 2021 Chefaufseher des Konzerns werden, und um die vorgeschriebene „Abkühlzeit“ von zwei Jahren einzuhalten, ist nun halt Schluss.

Übernehmen wird jetzt Ola Källenius. Der Schwede ist 49 Jahre alt, Betriebswirt, arbeitet seit 1993 für den Konzern und ist seit Anfang 2015 Vorstandsmitglied bei Daimler. Bislang ist er noch Chef der Konzernforschung sowie der Entwicklung der Pkw-Sparte. Källenius gilt schon seit längerem als Kronprinz von Zetsche – was nicht heißt, dass der Neue keine eigenen Akzente setzen will. Eine klare Ansage gab es von ihm vor einigen Tagen: „Wir streben eine CO2-neutrale Neuwagen-Flotte in 20 Jahren an.“ Will heißen: Källenius verordnet Daimler die Abkehr vom reinen Verbrenner-Antrieb bis zum Jahr 2039. Und um deutlich zu machen, dass der Schwede es ernst meint, schob er nach: „Wir brauchen eine Nachhaltigkeitsstrategie nicht als Ergänzung. Die Geschäftsstrategie an sich muss nachhaltig sein.“

Auch er verzichtet mittlerweile auf die Krawatte: Der künftige Daimler-Chef Ola Källenius

Källenius übernimmt gut bestelltes Feld – und Probleme

Das klingt ähnlich anspruchsvoll wie die Strategie des Wolfsburger Volkswagen-Konzerns, der bis 2050 ein zu 100 Prozent klimaneutraler Mobilitätsanbieter werden will. Spannende Zeiten sind das für alle Autohersteller, und trotzdem sagt Michael Brecht, der Chef des Daimler-Gesamtbetriebsrates über den Chefwechsel: „Es ist nicht so, als wenn da jetzt jemand vom Himmel fällt und wir nicht wüssten, wie er (Källenius) tickt.“ 

Dieter Zetsche hinterlässt dem Neuen ein überwiegend gut bestelltes Feld. Die groben Linien sind gezeichnet, der Umbau des Konzerns längst beschlossene Sache. Zetsche fädelte den Deal ein mit dem chinesischen Autobauer Geely, der im vergangenen Jahr mit knapp zehn Prozent bei den Schwaben eingestiegen sind. Unlängst wurde vereinbart, dass Geely die Fertigung des dann vollektrischen City-Flitzers Smart übernehmen wird. Auch eine Kooperation mit BMW beim Thema „autonomes Fahren“ hat Zetsche noch in die Wege geleitet.

Dieter Zetsche und Geely-Chef Li Shufu reichen sich die Hand nach dem Smart-Deal. Rechts Ola Källenius. Da ist dann doch Krawatte angesagt.

„Er hat eine Perle aus Daimler gemacht“, urteilt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer über die Amtszeit Zetsches. In der Tat war der Autobauer zu Zetsches Amtsantritt noch gezeichnet von den Folgen der völlig misslungenen Ehe mit dem US-Autobauer Chrysler. Eingefädelt von Zetsches Amtsvorgänger Jürgen Schrempp kurz vor der Jahrtausendwende und als „Hochzeit im Himmel“ gefeiert, wird Zetsche zunächst Chrysler-Chef. In den USA wird er berühmt mit seinen Auftritten als „Dr. Z“ in Werbespots.

Hilft aber alles nichts: 2006 beerbt er Schrempp auf dem Chefsessel von Daimler-Benz, ein Jahr später beendet er das Kapitel Chrysler. 

Zum Schluss fehlte der Schwung

Zu Hause krempelt er den Autobauer komplett um, das steife Image des „Rentner-Benz“ ist passé, Daimler soll „hip“ werden – und Zetsche geht voran: Krawatte weg, Sneaker an. Nur der Schnauzbart bleibt. Die Kunden gehen den Wandel mit, der Autobauer eilt von Umsatzrekord zu Umsatzrekord. Er schafft es, Mercedes wieder zur Nummer Eins der drei Premiummarken vor BMW und Audi zu machen. Aber freilich kommt auch Daimler nicht ungeschoren davon, als Volkswagen von Dieselgate überrollt wird. Zetsche verkündet zunächst großspurig, dass es solcherlei in seinem Hause nicht gab. Falsch. Auch Daimler wird beim Abgasbetrug erwischt – und auch die Vorwürfe zur Bildung eines Kartells für Preisabsprachen reicht Zetsche als Erbe an seinen Nachfolger weiter.  

Ohne Krawatte, mit Sneakers – Zetsche bei der Präsentation des Elektro-SUV EQC

So muss Dieter Zetsche auf seiner letzten Bilanzpressekonferenz Anfang Februar einen drastischen Gewinneinbruch um fast ein Drittel verkünden. Und auch der Start ins laufende Jahr verläuft eher mau. Neuer Schwung muss dringend her, und dafür soll und muss Ola Källenius sorgen. Ein umfassendes Sparprogramm ist seit Monaten angekündigt, Details sind weiter offen.  

Eine Mitgift, die ihm gefallen wird, hat ihm Dieter Zetsche noch mitgegeben: Seit ein paar Tagen ist mit Stadt-Geländewagen EQC das erste vollelektrische Auto von Mercedes (die Pkw-Tochter von Daimler) im Handel. Wie es heißt, werden davon in diesem Jahr 100 Einheiten pro Tag gebaut, im nächsten Jahr soll die Produktion auf 200 hochgefahren werden – das wären dann 50.000 Stück im Jahr. Zum Vergleich: 2018 wurden von der Marke Mercedes-Benz insgesamt 2,3 Millionen Autos verkauft. Das zeigt, welch steiniger Weg zu gehen ist für das große Ziel des Oli Källenius: Klimaneutral bis 2039.

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