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Wirtschaft - 23.03.2019

JadeWeserPort: Vom Sorgenkind zum florierenden Hafen

Nach mühsamem Start hat sich der JadeWeserPort gut entwickelt. Sechs Jahre nachdem Deutschlands einziger Tiefwasserhafen den Betrieb aufgenommen hat, liegt er im Soll und setzt auf Wachstum.

Wer auf den letzten Kilometern der Bundesautobahn 29 fährt, ist oft einsam unterwegs. Hier herrscht kaum Verkehr und Staus gibt es gar nicht. Das freut nicht nur den Autofahrer, sondern auch den Betreiber des JadeWeserPorts Wilhelmshaven. „Die direkte Zufahrt von der Autobahn ist ideal. Es gibt keinen urbanen Verkehr, der durch den Hafen behindert wird und umgekehrt.“ Und außerdem, betont der Geschäftsführer der JadeWeserPort-Marketinggesellschaft, Andreas Bullwinkel: „Wir sind mit zwei Gleisen an das Netz der Deutschen Bahn angebunden.“

„Wir behaupten sogar von uns – und niemand hat uns bisher widersprochen – das am besten ans deutsche Hinterland angebundene Containerterminal zu haben“, resümiert er schmunzelnd. Und der Augenschein gibt Andreas Bullwinkel recht: Alles ist hier auf den Gütertransport ausgelegt, das Auto des Reporters ist wohl das einzige weit und breit, dass keine Waren transportiert oder selbst transportiert wird.

Container, die am Kai des JadeWeserPorts auf ihren Weitertransport ins Hinterland warten.

Ruhe zwischen zwei Stürmen

An diesem Montagnachmittag im März ist es im JWP sehr ruhig, geschäftlich gesehen: Gerade heute hat kein großer Containerfrachter festgemacht. Meteorologisch aber kann von Ruhe nicht die Rede sein: Eine Regenbank nach der anderen zieht über die deutsche Nordseeküste hinweg, Sturmtief „Eberhard“ hat sich noch nicht ausgeblasen, da holt das Nachfolgetief „Franz“ bereits ganz tief Luft.

Für jemanden, der im Trockenen sitzt, hat das Wetter auch ästhetische Reize. Besonders im fünften Stock des JadeWeserPort-Verwaltungsgebäudes: Hier schweift der Blick über das breite Fahrwasser und nach Norden auf die freie Nordsee, Und man hat eine gute Sicht auf die Kaianlagen, die in den Himmel ragenden Kräne und die am Kai gestapelten Container.

Das tiefe Wasser vor Wilhelmshaven

Hier machen die größten Container-Schiffe fest, die es derzeit gibt. Denn hier haben sie immer „eine Handbreit Wasser unterm Kiel“. „Wir haben einen garantierten Tiefgang von 18 Metern“, sagt Andreas Bullwinkel. Das sei das wesentliche Alleinstellungsmerkmal dieses Hafens gegenüber den anderen deutschen Seehäfen. Außerdem müssten die Schiffe aus Sicherheitsgründen auch immer noch ein bisschen Wasser unter dem Kiel behalten. „Das sind in der Regel 1,5 Meter. Das heißt also, wir garantieren freie Zu- und Abfahrt für Schiffe bis 16,50 Meter Tiefgang.“

Wobei, das betont Andreas Bullwinkel, „freie Zu- und Abfahrt “ hier auch bedeutet, dass die Schiffe drehen – und nicht gedreht werden. An der Kaimauer ist das Fahrwasser nämlich rund 700 Meter breit, da kann auch das größte Schiff selbständig wenden und ist nicht auf die Hilfe von Schleppern und Bugsierern angewiesen.

Die Mühen des Sisyphos

Der Hafen wurde vor sechseinhalb Jahren in Betrieb genommen. Lange Zeit blieb es an der Jade-Mündung sehr ruhig. Im ersten Quartal 2013 wurden nur etwa 7000 TEU umgeschlagen. Ein TEU ist ein Standardcontainer von 20 Fuß Länge – ein Parameter, um den Umfang von Containerverkehren vergleichbar machen zu können.

Der neue Hafen wurde schnell als „Geisterhafen“ verhöhnt. Die Spötter ließen aber völlig außer Acht, dass die Weltwirtschaft, und besonders die Reeder, noch unter den Auswirkungen der Weltfinanzkrise von 2008 litten.

Einen neuen Hafen einzuführen, sagt Andreas Bullwinkel, der als gelernter Reederei-Kaufmann das Geschäft auch von der anderen Seite her kennt, sei aber besonders schwer, weil ganze „Ladungsströme verändert werden müssen.“ Das gehe nur, wenn ein Reeder zu einem Hafenbetreiber auch Vertrauen aufbauen könne – und das dauere eben.

Und in den letzten Jahren sei es noch viel komplizierter geworden: „Die Schwierigkeit ist der Zusammenschluss mehrerer Reedereien zu drei Allianzen. Heute sprechen sie mit Reedereigruppen, die unterschiedliche Interessen haben und die auch innerhalb der Gruppe nicht immer einer Meinung sind. Das ist wirklich eine Sisyphosaufgabe.“

Nach dem vorläufigen Tiefpunkt 2014 sind die Umschlagszahlen für den JadeWeserPort stetig gestiegen. Für das Jahr 2018 bilanziert Andreas Bullwinkel wieder einen Rekord: „Wir haben im letzten Jahr 655.000 TEU erreicht.“

Die Kapriolen der Weltpolitik

Den deutschen Häfen generell scheint die Arbeit zurzeit nicht auszugehen. Wegen des bevorstehenden Brexit etwa könnte ganz überraschend Bremerhaven zu neuem Geschäft kommen: Der englische Autobauer Bentley möchte den erwarteten Engpässen im Handel entgehen und hat 100.000 Quadratmeter zusätzliche Lagerfläche an der Unterweser angemietet. Bentley-Chef Adrian Hallmark sagte der Branchenzeitung „Automobilwoche“ in dieser Woche: „Statt der üblichen Verschiffung über Dover und Calais könnten wir rasch auf die Verbindung Immingham-Bremerhaven ausweichen.“

Über den Deich hinweg sind die Kräne des Tiefwasserhafens bis weit ins Land hinein zu sehen.

Wilhelmshaven könnte dagegen von einer anderen Volte der Weltpolitik profitieren: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat dem US-Präsidenten zugesagt, dass Europa mehr Flüssiggas (LNG) aus den USA kaufen werde. Und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat, um den wegen des deutsche Imports russischen Gases zutiefst empörten Donald J. Trump zu besänftigen, versprochen, LNG-Kapazitäten in deutschen Häfen zu schaffen.

LNG-Lager und LNG-Tankstelle

JadeWeserPort-Geschäftsführer Andreas Bullwinkel sieht das ganz entspannt: „Wir sind sehr gut vorbereitet.“ Die nötigen Voraussetzungen brächte der Hafen schließlich mit:  „Wilhelmshaven wäre  wegen des tiefen Wassers für LNG-Tanker sehr gut geeignet. Hier gibt es verschiedene Anlagen, die auch für LNG kurzfristig umgerüstet werden könnten. Und ich glaube, was für die Entscheidung auch eine Rolle spielen kann, sind die Salzkavernen, die wir hier haben. Die werden jetzt auch schon für die Einlagerung von Öl genutzt.“ Im Gespräch sind auch die Hafenstandorte Stade und Brunsbüttel. 

Und einen anderes Argument hält Bullwinkel bereit. Immer mehr Reeder dächten darüber nach, ihre Schiffe nicht mehr mit Schweröl, sondern mit LNG zu betreiben. Und diese Schiffe müssten ja „irgendwo betankt werden. Und es ist nur gut für jeden Hafen, oder einen Containerhafen, wenn er diese Möglichkeit anbieten kann.“

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