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Wirtschaft - 24.01.2019

Huawei: Auf der Suche nach Vertrauen

Der chinesische Netzwerkausrüster und Handyhersteller Huawei weiß genau, dass im internationalen Wettbewerb Vertrauen wichtig ist. Jetzt geht Huawei in die Offensive und kämpft für eine bessere Reputation.

Ren Zhengfei hat die Zeichen der Zeit erkannt: „Ob unsere Kunden unsere Produkte kaufen wollen oder es überhaupt wagen, hängt davon ab, ob sie ihnen trauen oder nicht“, ließ der Chef und Gründer von Huawei seine Belegschaft jetzt in einer E-Mail wissen. „Daher gilt es, die Akzeptanz und das Vertrauen von Regierungen in der Welt zu gewinnen.“

Zur Zuverlässigkeitsoffensive der Chinesen gehört auch, dass am Dienstag (22.01.2019) deutsche Journalisten das Cyber-Sicherheitslabor von Huawei im südchinesischen Dongguan besichtigen durften. Die Botschaft dieser PR-Aktion war ganz offenbar: Wir kümmern uns wirklich um Sicherheit und lassen uns dabei sogar über die Schulter schauen!

Ob die Worte von Huaweis neuem Deutschland-Chef Dennis Zuo auch vertrauensbildend waren? „Huawei-Produkte sind nur wie ein Ziegelstein“, sagte er bei dem Pressetermin den deutschen Journalisten. „Er wird nach bestimmten Standards gebaut. Es lässt sich nicht sagen, dass die Sicherheit des Hauses von diesem Ziegelstein abhängt.“

Globales Misstrauen

Der Konzern aus Shengzen hat noch viel Arbeit vor der Brust, denn mit verquasten Sprachbildern wie diesen wird er kein Vertrauen gewinnen können. International haben die Chinesen einen miserablen Ruf: Sie stehen im Verdacht, sehr enge Kontakte zur eigenen Regierung und den Geheimdiensten zu pflegen und Werkzeug von Spionage und Wirtschaftsspionage zu sein.

Die USA haben Huawei daher schon weitgehend von ihrem Netzwerkmarkt ausgeschlossen. Das könnte natürlich auch durch die protektionistische Wirtschaftspolitik und der „America first“-Politik des amtierenden Präsidenten Donald J. Trump bedingt sein. Doch öffentlich wird auch in den USA immer wieder Kritik an der Vertrauenswürdigkeit des chinesischen Konzern geäußert – für Huawei ist das extrem rufschädigend.

Auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ist Huawei präsent: Hier mit Vorstand Ken Hu.

Auch in Australien, Neuseeland, Großbritannien und Norwegen ist Huawei der Netzwerkmarkt entweder schon verschlossen oder die jeweiligen Regierungen denken über einen solchen Schritt bereits offen nach. Auch in Deutschland, wo im Frühjahr die Lizenzen für den 5G-Netzausbau vergeben werden, wird die Zuverlässigkeit des chinesischen Konzerns mittlerweile kontrovers diskutiert – ein Marktausschluss von Huawei ist durchaus möglich.

Auch die EU-Kommission ist alarmiert

Nicht nur in Berlin, auch in Brüssel wird skeptisch auf die Angebote aus Shenzen geschaut. Die Furcht, sich in Abhängigkeit von den Machthabern in Peking zu begeben, ist groß.

Andrus Ansip, Vize-Präsident der EU-Kommission und als Kommissar für Digitalisierung zuständig, meint sogar, dass diese Gefahr eher noch zunehmen wird. Daher müsse „unserer Cyber-Sicherheit absolute Top-Priorität“ eingeräumt werden, sagte er der DW. „Wir müssen uns eine breite Auswahl an Werkzeugen schaffen, um gegenwärtigen und zukünftigen Cyber-Bedrohungen entgegentreten zu können.“

Huawei gehört neben Cisco aus den USA und den europäischen Ausrüstern Nokia und Ericsson zu den Big Playern am Markt.

Das Bonner Sicherheitslabor

In Deutschland ist dafür an erster Stelle das BSI – das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie – zuständig. Im aktuellen Fall der Auftragsvergabe beim Netzausbau für den 5G-Standard hat das BSI die Möglichkeit, durch scharfe Formulierung der Vergabebedingungen dafür zu sorgen, dass ein Ausrüster keine elektronischen Hintertüren in sein System einbaut, die den Zugriff fremder Geheimdienste ermöglichen würden.

Als vertrauensbildende Maßnahme hat Huawei auch in Bonn ein Sicherheitslabor eröffnet, in dem das BSI und die deutschen Netzbetreiber mit Hilfe der geheimen Quellcodes die Sicherheit der Produkte selbst testen können. In Deutschland kooperiert Huawei mit allen drei Mobilfunkbetreibern.

Denn obwohl das Sicherheitsproblem mit Huawei in Brüssel erkannt worden ist, bleibt seine Lösung, wie EU-Kommissar Ansip festhält, eine nationale Angelegenheit: „Es ist Sache der EU-Mitgliedsstaaten zu entscheiden, ob sie Unternehmen von ihren Märkten ausschließen, wenn sie ihren Standards und Sicherheitsanforderungen nicht entsprechen.“

„Eine politische Angelegenheit“

Sicherheitslabore in China und außerhalb, volltönende Versprechen und blumige Metaphern – das alles wird für Huawei nicht reichen, wenn es seinen ramponierten Ruf aufpolieren will. Auch wenn, wie zuvor der Deutschland-Chef der derzeit amtierende Huawei-Vorstandschef Eric Xu beteuert, die vorgebrachten Cyber-Sicherheitsfragen seien technisch lösbar. Warum das nicht reicht, erklärt er nämlich – möglicherweise unbeabsichtigt – ebenfalls: „Deswegen können wir nur sagen, dass es eine politische Angelegenheit ist.“

Millionen Deutsche telefonieren, simsen und fotografieren mit Huawei-Smartphones. Meistens ohne an Spionage zu denken.

Weil es nämlich tatsächlich eine politische Angelegenheit ist und Huawei aus einem Land kommt, in dem Werte wie Transparenz und Rechtsstaatlichkeit westlicher Prägung unbekannt sind, kann ein Unternehmen kaum unabhängig und selbständig sein. Alle Versuche, das Gegenteil zu behaupten, müssen daher ins Leere laufen.

Keinesfalls vertrauensfördernd

Wie politisch das Verhältnis mit einem chinesischen Großkonzern ist, zeigt exemplarisch der Fall Meng Wanzhou. Die Tochter von Firmengründer Ren Zhengfei und Finanzchefin des Konzerns war in Kanada festgenommen worden. Die USA werfen ihr vor, die Iran-Sanktionen umgangen zu haben und verlangen ihre Auslieferung.

Offenbar als Antwort darauf wurden in China zwei Kanadier festgenommen . Bei einem weiteren Mann, der wegen Drogenschmuggels in einem chinesischen Gefängnis einsitzt, wurde dessen Haftstrafe nachträglich in eine Todesstrafe umgewandelt.

Solche Reaktionen seitens chinesischer Institutionen zeigen, dass Huawei kein vom Staat unabhängiges Unternehmen ist. Dass die Festsetzung Meng Wanzhous in Kanada und die nachträgliche Umwandlung einer Haft- in eine Todesstrafe für einen Kanadier nichts miteinander zu tun haben, kann man glauben – sollte man aber nicht.

 

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