Home Wirtschaft Dieser Mann rasiert alle Machos
Wirtschaft - 20.01.2019

Dieser Mann rasiert alle Machos

Pankaj Bhalla (40) ist ein mutiger Mann. Er packt da an, wo es Männern am meisten wehtut – bei ihrer Männlichkeit.

Seit zwei Jahren ist Bhalla US-Chef bei Procter & Gamble (95 000 Mitarbeiter, 58 Mrd. Euro Umsatz), verantwortlich für die Marke Gillette. Einer Marke, die jahrzehntelang ein Bild ganzer Kerle prägte, Männer, scharf wie Rasierklingen. Getreu dem Slogan: „Gillette, für das Beste im Mann“.

Jetzt hat Bhalla in Amerika einen neuen Gillette-Werbespot veröffentlicht. An die Stelle grillender Machos, die das Abenteuer suchen, treten Väter, die ihre Töchter stärken, Raufereien verhindern und Frauen nicht mehr an den Hintern fassen.

Entwickelt von der Werbeagentur Grey. Künstlerisch umgesetzt von der Australierin Kim Gehrig (35), die für eine Damenbinden-Werbung schon Vaginas in Form von Muscheln und Blumen sprechen ließ.

Die Reaktion folgt prompt: Seit Erscheinen des Spots „We Believe: The Best Men Can Be“ (Besser können Männer nicht sein) in dieser Woche werfen Hunderttausende von Männern ihre Gillette-Rasierer in den Müll, rufen zum Boykott auf (#boycottgillette).

Mehr als 21 Millionen Menschen haben sich in einer Woche den Spot auf Youtube angeschaut. 575 000 „Likes“ stehen eine Million „Dislikes“ gegenüber, also fast doppelt so viel Ablehnung wie Zuspruch. Mehr als 100 000 Kommentare fluten die sozialen Medienseiten von Procter & Gamble. Fast jeder TV-Sender in den USA berichtete über die Kampagne. Mehr Aufmerksamkeit geht kaum.

  • Buch über Folgen von #Metoo

    Männer in der Identitätskrise?

    Ein Jahr nach der #Metoo-Debatte sagt Buchautorin Angelika Heger, der größte Feind des Mannes sei er selbst – und wie er das ändern kann.

  • Weinstein jammert in E-Mails

    „Ich hatte ein Höllenjahr“

    Der gefallene Hollywood-Mogul Harvey Weinstein tritt kurz vor seiner Anhörung noch schnell die Flucht nach vorn an.

„Es findet derzeit eine wichtige Diskussion in unserer Gesellschaft statt. Und als Unternehmen, das sich dafür einsetzt, dass Männer ihre beste Seite zeigen sollen, spüren wir die Verantwortung, selbst Einfluss nehmen zu müssen“, verteidigt Bhalla seinen Spot.

Ob der Markenchef, der sich selbst als „verwirrter Vater“ bezeichnet, bewusst provozieren will, beantwortet er nicht. Nur so viel: „Tatsache ist, unsere Gesellschaft verändert sich. Und diese Veränderung darf und kann auch an Gillette nicht vorbeigehen.“

Wer ist der Mann, der sich das traut?

Pankaj Bhalla stammt aus einem traditionellen indischen Haus. Nach dem Studium assistiert er ein Jahr einem Manager beim Motorradhersteller Hero in Neu-Delhi, bevor er vor 14 Jahren bei Gillette als Absatzplaner für Indien anfängt. Er arbeitet in Dubai und Genf. Schließlich macht ihn Procter & Gamble weltweit für Zahnpasta und Mundspülung verantwortlich. Heute nennt er sich einen „modernen Weltmenschen“. Er spricht Hindi, Englisch und Französisch, ist „Jazz-Fan“ und „Laien-Komiker“. Kollegen nennen ihn „genialer Taktiker“. Jetzt hat er erkannt, dass das vorherrschende emotionale Klima in den USA von der #MeToo-Bewegung beeinflusst wird. Als Gegenentwurf zu Präsident Trumps Macher- und Macho-Gehabe. Bhalla sah die Chance, Gillette neu zu positionieren.

Übrigens: Komplett ungesichert stürzt Markenchef Bhalla den Weltkonzern (auch Hersteller von Pampers, Wick und Ariel) dann doch nicht ins Abenteuer. In einer US-Umfrage fand Procter & Gamble heraus, was einen Mann von heute auszeichnet: Ehrlichkeit, Integrität, hart arbeitend und respektvoll Frauen und Kindern gegenüber. Das stand ganz oben auf der Liste. Bhalla: „Es hat sich etwas verändert, und es wird kein Zurück mehr geben.“

So wandelt sich das Männerbild im Gillette-Spot

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

„Torpedo Attacke! Torpedo Attacke!“

++ Tanker-Krise im Golf von Oman ++ BILD dokumentiert den dramatischen SOS-Ruf ++ Großbrit…