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Wirtschaft - 07.06.2019

Aufsichtsrat schickt Forensiker in Bahn-Zentrale

Die Bahn rast dem nächsten Skandal entgegen! Diesmal ist es: eine Berater-Affäre.

Es geht um: üppige Verträge für ehemalige Bahn-Manager, die ohne Wissen des Aufsichtsrates des Staatskonzerns geschlossen wurden! Interne Prüfer fanden nach BILD-Informationen „sachlich und in der Höhe nicht erklärbare“ Kontrakte mit ehemaligen Führungskräften.

Geschlossen wurden die meisten Verträge für die Jahre 2015 bis 2018. Interne Prüfer haben demnach Beraterverträge ab 2010 geprüft.

Nach BILD-Informationen aus Aufsichtsratskreisen geht es auch um Vorgänge um den ehemaligen Personenverkehrsvorstand der Bahn, Ulrich Homburg (63). Von dem hatte sich die Bahn 2015 getrennt. „Zur Millionen-Abfindung hat es offensichtlich nun noch Beraterverträge für Herrn Homburg gegeben“, hieß es gegenüber BILD.

Der Bahn-Aufsichtsrat habe die Beratungsgesellschaft Ernst & Young damit beauftragt, zu klären, wie viele solcher Verträge noch am Aufsichtsrat vorbei geschlossen worden sind – und vor allem: von wem. Dass die Vorstände um Bahn-Chef Richard Lutz (55) nichts von den Verträgen mit den Ex-Managern wussten, sei kaum vorstellbar hieß es aus dem Aufsichtsrat.

▶︎ Nach BILD-Informationen schickt Ernst & Young Kriminalisten – und selbst Forensiker in die Bahnzentrale am Potsdamer Platz in Berlin. „Die reiten jetzt da ein und gucken in jede Datei und jedes Blatt Papier“, sagte ein Insider gegenüber BILD.

Mehr als 20 zwischen 2010 und 2018 geschlossene Verträge mit Managern einschließlich Ex-Bahnchef Rüdiger Grube würden geprüft, sagten mehrere mit dem Fall Vertraute am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Ausgaben und Abrechnungen Grubes aus seiner Zeit nach dem Ausscheiden als Bahn-Boss werden derzeit auch vom Rechnungshof geprüft.

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▶︎ Torsten Herbst, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur und Berichterstatter der FDP für Bahnpolitik, glaubt, dass die Affäre personelle Konsequenzen haben könnte.

Zu BILD sagte er: „Wenn sich diese Vorwürfe bestätigen, wäre das ein riesengroßer Skandal. Verträge mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern ohne Zustimmung des Aufsichtsrates verstoßen, nach meinem Verständnis, gegen alle Compliance-Regeln. Daher habe ich wenig Vertrauen, dass die Bahn diese Vorgänge selbst in geeigneter Weise aufklären kann. Denn Richard Lutz war seit 2010 Finanzvorstand bei der Bahn. Sein Stuhl wackelt jetzt kräftig. Dies gilt, wenn er von diesen Beraterverträgen gewusst hat. Es gilt jedoch auch, wenn das Ganze an ihm vorbei gelaufen sein sollte.“

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Konzernkreisen zufolge sind viele Verträge offenbar ohne Genehmigung des Aufsichtsrats geschlossen worden, obwohl dies in der Regel der Fall sein müsse. Es gehe zudem um die Frage, ob für die insgesamt millionenschweren Verträge überhaupt eine Gegenleistung erbracht worden sei.

▶︎ Die Informationen zu den Auffälligkeiten stammen aus internen Untersuchungen, wie die Bahn erklärte. Diese seien aber noch nicht vollständig. Gleichwohl sei „nach ersten belastbaren Hinweisen“ eine unabhängige externe Rechtsanwaltskanzlei beauftragt worden, die Untersuchungsergebnisse rechtlich zu bewerten.

▶︎ Der Berichtsentwurf der Kanzlei liegt demnach „seit wenigen Tagen“ vor und wird derzeit einer abschließenden Prüfung unterzogen und außerdem von Spezialisten für Compliance, also der Regeltreue von Unternehmen, untersucht.

Der Staatskonzern berief kurzfristig den kompletten Aufsichtsrat „aus gegebenem Anlass“ zu einer Telefonkonferenz ein, wie mehrere Aufsichtsräte bestätigten.

Der Aufsichtsrat des bundeseigenen Konzerns soll nun in der kommenden Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommen, wie ein Aufsichtsratsmitglied gegenüber BILD bestätigen ließ.

Der Bundesrechnungshof ist inzwischen ebenfalls eingeschaltet: „Wir sind in diesem Bereich prüferisch unterwegs“, sagte ein Sprecher der Behörde. Einzelheiten wollte er nicht nennen.

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Das Kontrollgremium werde dafür sorgen, dass der Sachverhalt „ohne Ansehen der Personen vollständig aufgeklärt wird“, kündigte Aufsichtsratschef Michael Odenwald an.

Zugleich betonte der Konzern, dass es für Schlussfolgerungen jeder Art zu diesem Zeitpunkt noch zu früh sei.

Sobald eine abschließende Bewertung vorliege, werde die Bahn dies mitteilen.

Der Fall kommt für die Deutsche Bahn zur Unzeit. Das Unternehmen ist finanziell angeschlagen und steht wegen mangelnder Pünktlichkeit im Fernverkehr und fehlender Zuverlässigkeit im Güterverkehr unter Druck. So habe sich zuletzt der Verlust der Bahntochter DB Cargo erheblich erhöht.

Ende Juni wollte sich der Konzernaufsichtsrat deswegen in einer Strategiesitzung eigentlich mit der Zukunft des Unternehmens und dessen milliardenschwerer Finanzlücke befassen.

Anfang des Jahres musste die Bahn-Spitze zu mehreren Krisen-Treffen ins Bundesverkehrsministerium. Thema: Die Bahn braucht jährlich zwei bis drei Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen in Personal und Service. Das Ministerium verlangt Einsparungsvorschläge und mehr Effizienz.

Ein Aufsichtsratsvertreter am Donnerstag zu BILD: „Die Berater-Affäre hilft dem Vorstand im Konflikt mit der Politik auf keinen Fall.“

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