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Politik - 30.05.2019

Wird SIE der neue Juncker?

Warum die Frage, wer neuer EU-Boss wird, jetzt noch komplizierter wird

Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte – oder nicht?

Möglich, dass die schlichte Volksweisheit in einigen Wochen die Geschichte der dänischen Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (51) erzählt, falls sie als erste Frau der Geschichte an die Spitze der EU-Kommission rückt, Nachfolgerin von EU-Boss Jean-Claude Juncker (64) wird. Und zwei Streithähne geschlagen zurücklassen würde, die sich gegenseitig den Weg ins Spitzenamt blockiert haben.

Doch in Brüssel sind die Dinge nie einfach – und nur in den seltensten Fällen vorhersehbar. Erst recht, wenn es um den wichtigsten Job gibt, den die Staatengemeinschaft zu vergeben hat.

Plötzlich drei Kandidaten auf Augenhöhe

Das „Arbeitsessen“ (Hauptgang: Schweinefilet mit Spargel und Bohnen) der Staats- und Regierungschefs Dienstag Abend in Brüssel brachte keine wirkliche Vorentscheidung in Bezug auf den neuen EU-Boss.

Die Chancen der Spitzenkandidaten der beiden größten Fraktionen im Europaparlament sind intakt. Vorstellbar bleibt, dass sich CSU-Politiker Manfred Weber (46) als Vertreter der Europäischen Volkspartei (EVP) gegen heftige Widerstände aus Frankreich durchsetzt. Genauso ist Frans Timmermans (58) für die Sozialdemokraten und Sozialisten (SPE) im Rennen geblieben.

Neu ist allerdings, dass es mit Vestager nun eine dritte Kandidatin auf Augenhöhe gibt: eine sozialliberale Dänin, Mutter von drei Kindern, die sich in ihrem Job als Wettbewerbskommissarin mit Google, Apple, Amazon, Facebook und Starbucks angelegt hat, während viele andere seit Jahren nur immer deren bisweilen dreiste Steuertricks beklagen.

Nach dreieinhalb Stunden Mini-Gipfel in Brüssel war nur eines klar: EU-Ratschef Donald Tusk hat den Schwarzen Peter gezogen. Er muss bis Ende Juni ein kompromissfähiges Personalpaket vorschlagen.

„Macron tritt Parlaments-Befugnisse mit Füßen“

Weitere Erkenntnis das Abends: Das Spitzenkandidaten-System lebt. Macrons Meinung, die Personalie lasse sich unter Umgehung des Europäischen Parlaments auch in kleiner Runde auskungeln, war offenbar nicht mehrheitsfähig. Scharfe Reaktionen auf das „Mia san mia“ auf Französisch ließen auch nicht lange auf sich warten.

„Sehr schwach“ sei Macrons Haltung, sagte der Chef der Brüsseler CDU/CSU-Gruppe, Daniel Caspary. „Frankreichs Präsident zeigt ein erstaunliches Demokratie-Verständnis: Er tritt die Befugnisse des durch eine hohe Wahlbeteiligung gestärkten Europäischen Parlaments keine 48 Stunden nach der Wahl mit Füßen“, sagte Caspary zu BILD.

Außerdem könne er sich über die Hintertür-Kandidatur der dänischen Wettbewerbskommissarin nur wundern: „Was mich am meisten an den Liberalen irritiert, ist ihre Schizophrenie: Sie tragen einerseits das Spitzenkandidat-Prinzip nicht mit, wollen aber andererseits Frau Vestager unbedingt nachträglich zur Spitzenkandidatin umdeuten.“

SPD-Gruppenchef Jens Geier drohte: „Wir werden jeden Kandidaten durchfallen lassen, der sich nicht als Spitzenkandidat zur Wahl gestellt hat.“ Der Grüne Sven Giegold sprach gar von einem bevorstehenden „Lackmustest für die europäische Demokratie“.

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Auch Vestager selbst steht in der Kritik: Krumm nehmen ihr viele EU-Abgeordnete, dass sie so lange aus taktischen Gründen herumgedruckste, ihre persönlichen Ambitionen verbarg.

Und dass sie im männerdominierten Machtpoker von Brüssel doch recht forsch auf eine Art Frauen-Sympathie-Bonus pocht.

„Wir müssen verändern, wie wir aussehen“

► Den Boden für ihren erst in der Wahlnacht verkündeten Führungsanspruch ebnete sie mit einer Verneigung vor der deutschen Bundeskanzlerin („wahrscheinlich die größte politische Führungspersönlichkeit, die ich erlebt habe“).

► Im BILD-Interview mit Anna von Bayern und Nikolaus Blome wagte sich Vestager Mitte Mai dann noch ein Stück weiter aus der Deckung: Nach all den Männern an der EU-Spitze stehe der Job jetzt „natürlich“ einer Frau zu, sagte sie.

Vestager wörtlich zu BILD: „Die Sache ist: Wenn wir Europa verändern wollen, dann müssen wir auch verändern, wie wir aussehen. Und weil die meisten Dinge schwer zu verändern sind und Zeit brauchen, ist es die erste Sache, zu zeigen, dass die Kommission auch die andere Hälfte der europäischen Bevölkerung repräsentiert. Bisher ist das nicht passiert.“

EU-Kommissarin Vestager

»Der nächste EU-Chef muss eine Frau sein!

Quelle: BILD
8:45 Min.

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