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Politik - 16.01.2019

Was für ein Brexshit!

Wann hat ein Land politisch wirklich abgewirtschaftet? Antwort: Wenn es bei der mit Abstand wichtigsten politischen Frage seit Jahrzehnten vollkommen schnurz ist, wer regiert.

So ist es jetzt in Großbritannien, dem Mutterland der Demokratie. Vormals bekannt als die Insel der Vernunft.

Vorbei. Allerspätestens seit gestern Abend ist klar: Die britischen Politiker, ob Regierung oder Opposition, sind nicht im Entferntesten auf Augenhöhe mit der historischen Entscheidung, die sie zu fällen haben:

Wie kommt die Insel aus der Europäischen Union (EU), ohne sich selbst zu versenken?

  • Live-Ticker zum Brexit-Chaos

    May: Labour-Regierung wäre eine Katastrophe

    „May Day“ in UK: Heute stimmt das Parlament in einem Misstrauensvotum über die Regierung von Theresa May ab. Die Debatte läuft bereits.

Die EU zu verlassen, war der demokratische Wille einer knappen Mehrheit der Briten. Ob diese Mehrheit verführt wurde von verlogenen Politikern und Demagogen – heute ist es leider egal. Die Entscheidung steht. Und die britische Politik ist daran zerschellt.

In manischer Selbstüberschätzung hat die konservative Tory-Regierung – allen Warnungen zum Trotz – viel zu lange darauf beharrt, was sie für einen Plan hielt: Wir Briten bleiben Mitglied im (ziemlich erfolgreichen) Wirtschaftsklub der EU, aber die Hälfte der dazu gehörenden Satzung gilt nicht mehr für uns, weil sie uns nicht passt.

Im Laufe der Verhandlungen mit einer von Ungarn bis Deutschland und Italien sehr geschlossenen EU musste die britische Premierministerin davon an einigen Stellen abrücken – und wurde gestern überrollt von den Erwartungen, die sie selbst viel zu lange geschürt hat.

No Deal. Kein Plan für morgen. Und keine Mehrheit für nichts.

► Nicht für den Austritt mit dem vorliegenden Vertrag.
▶︎ Nicht mit für den Austritt ohne Vertrag.
► Und schon gar nicht für einen Nicht-Austritt.

  • May-Deal mit EU gescheitert

    Briten stürzen Europa ins Brexit-Chaos

    Theresa May hat verloren. Ihr Plan hat keine Mehrheit im Parlament. Das Brexit-Chaos ist perfekt! Zweieinhalb Jahre nach dem Refere…

Die 48 Prozent der Briten, die den Brexit NICHT wollten, haben keine
hörbare politische Stimme im Parlament oder unter den Parteien. Darum
würden Neuwahlen auch nicht helfen.

Im Parlament hat Premierministerin Theresa May ihre wichtigste Abstimmung demütigend hoch verloren – aber das heißt noch lange nicht, dass sie heute von derselben großen Mehrheit aus dem Amt gejagt wird. So stakst sie durch London wie eine politisch Untote.

Es macht traurig zu sehen, wie die Zukunft des so stolzen Großbritanniens vergeigt wird. Die Briten wollten raus aus der EU und neu anfangen. Ob sie wussten, welchen Preis das haben würde, weiß man nicht. Ihre Regierung jedenfalls wollte den Preis nicht zahlen und muss trotzdem jetzt Bankrott erklären.

Natürlich kann man die Uhr anhalten, weiter verhandeln. Aber was hilft reden, wenn die eine Seite sich nicht entscheiden kann, was sie wirklich will? Was hilft reden, wenn die britischen Politiker sowohl die Kunst des Kompromisses verlernt haben als auch die Kunst der klaren Alternative: rein oder raus.

Selber schuld, ja. Aber Schadenfreude? Nein. Denn den Schaden haben wir alle in Europa.

Die aktuelle Berichterstattung zum Thema finden Sie hier.

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