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Politik - 15.03.2019

Stimmt die Bundesregierung zu oft gegen Israel?

Die Vereinten Nationen – einst unter dem Eindruck der Barbarei des Zweiten Weltkriegs und zur Wahrung von Frieden und Menschenrechten gegründet – werden jedes Jahr zum Schauplatz anti-israelischer Kampagnen.

▶︎ 2017 richteten sich 78 Prozent aller länderspezifischen Resolutionen gegen Israel, 2016 waren es 77 Prozent, 2015 und 2014 sogar 87 Prozent. Der UN-Menschenrechtsrat hat seit seiner Gründung mehr Resolutionen gegen Israel verabschiedet als gegen den Rest der Welt zusammen. Die Feinde Israels nutzen die UN seit Jahren, um den jüdischen Staat – die einzige Demokratie im Nahen Osten – systematisch zu delegitimieren und dämonisieren, während Diktaturen weitgehend unbehelligt davon kommen.

Und ausgerechnet Deutschland setzt kein Zeichen gegen diese Entwicklung, sondern stimmt auch noch mit: zuletzt im November 2018, als Deutschland bei 21 Resolutionen gegen Israel ganze 16 Mal zustimmte. Bei vier Resolutionen enthielt es sich.

Die FDP-Fraktion hat dazu einen Antrag formuliert, über den am Donnerstagabend im Bundestag debattiert und abgestimmt wurde.

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Die Liberalen fordern in ihrem Antrag eine Neuausrichtung des deutschen und europäischen Abstimmungsverhaltens.

Die Bundesregierung solle sich „klar von einseitigen, politisch motivierten Initiativen und Allianzen antiisraelisch eingestellter Mitgliedsstaaten (…) distanzieren“ und besonders den „politischen Kräften im Nahen und Mittleren Osten“ entgegenwirken, die die Sicherheit Israels „offen bedrohen“, heißt es darin. Statt das Ungleichgewicht mitzutragen, sollte es als Problem benannt und ihm entgegengewirkt werden.

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Bijan Djir-Sarai (42) und sein Fraktionskollege Frank Müller-Rosentritt (36) hatten den Antrag eingebracht.

„Im Fokus des Antrages steht die Tatsache, dass Israel rein quantitativ wesentlich häufiger durch einseitige Resolutionen verurteilt wird als autokratische Nationen wie Syrien, Nordkorea, Sudan und Libyen“, erklärte Djir-Sarai dazu. Es sei „ein Wahnsinn“, dass Deutschland sich ständig an der Seite von Ländern wie Saudi-Arabien, Iran oder Jemen gegen Israel stelle, ergänzte Müller-Rosentritt und betonte, dass es aber nicht darum gehe, Kritik an Israel zu unterbinden. Israels Regierung sei „nach gleichen Maßstäben zu kritisieren wie jede andere Regierung“, so der FDP-Außenexperte. Es gehe vielmehr um die Verhältnismäßigkeit.

Das Thema ist hochaktuell: Am Montag wird sich der UN-Menschenrechtsrat ausschließlich mit Israel befassen. Israel ist das einzige Land der Welt, das in diesem Gremium in einem eigenen Tagesordnungspunkt behandelt wird, dem „Item 7“.

Auf BILD-Anfrage heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt, dass die Bundesregierung diesen Tagesordnungspunkt immer wieder deutlich kritisiert. Gemeinsam mit europäischen Partnern und in enger Abstimmung mit Israel und anderen Partnern setze man sich dafür ein, die Zahl der Resolutionen unter „Item 7“ zu verringern.

Am Montag sollen in fünf Resolutionen angebliche Verstöße Israels u.a. in Ostjerusalem, der Westbank und den Golan-Höhen angeprangert, wohingegen Aktivitäten der palästinensischen Autonomiebehörde oder der Hamas nicht verurteilt werden. Der Versuch, die palästinensische Terrorgruppe zumindest mit einer einzigen Resolution zu bedenken, scheiterte vergangenes Jahr kläglich in der Generalversammlung.

Kampf gegen Antisemitismus endet bei den UN?

Warum stimmt die Bundesregierung auf internationalem Parkett an der Seite von Ländern wie Iran, Saudi-Arabien und Pakistan immer wieder gegen Israel?

Bilateral wird die tiefe Verbundenheit schließlich immer wieder betont. Besonders Bundesaußenminister Heiko Maas (52, SPD) wird nicht müde, zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus aufzurufen – „auf der Straße, am Arbeitsplatz, im Fußballverein, wo auch immer“. Doch bei den UN fährt sein Amt offenbar eine andere Linie.

Nach der letzten anti-israelischen Resolutionsrunde im November erläuterte Maas im Bundestag das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung: Man wolle bei den Diskussionen über diese Resolutionen bis zum Schluss dabei sein und habe damit in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass diesen Texten „viele Schärfen genommen worden sind“. Deshalb stimme man nach der Diskussion der Resolutionen mit Ja, und für dieses Vorgehen gebe es auch „viel Zustimmung von der israelischen Seite“.

Israels Botschafter in Deutschland Jeremy Issacharoff begrüßte jedoch kurz darauf den Antrag der FDP. Eine Änderung des deutschen Abstimmungsverhaltens sei „dringend erforderlich“, twitterte er im Februar. Die Zustimmung zu teilweise „inakkuraten und unfairen“ Resolutionen sei nicht das Signal, dass man von einem engen Freund wie Deutschland erwartet hätte, ergänzte er gegenüber BILD. Es sei „ermutigend“, dass das Thema jetzt breitere Aufmerksamkeit bekomme.

Der FDP-Antrag scheiterte am Donnerstagabend im Bundestag. Nach einer hitzigen Debatte lehnten SPD, CDU und die Linken ihn ab, die Grünen enthielten sich. Nur Linken-Politiker Michael Leutert und Hans-Peter Friedrich von der CSU stimmten entgegen ihrer Fraktionslinie dem Antrag zu.

„Ich schäme mich für das Abstimmungsverhalten der die Regierung tragenden Parteien im deutschen Bundestag“, sagt Mit-Initiator Frank Müller-Rosentritt nach der Abstimmung zu BILD. „Das ist kein gutes Signal für unsere israelischen Freunde.“

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