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Politik - 16.02.2019

Putin muss seine Mittelstreckenraketen zerstören

Die Münchner Sicherheitskonferenz: Staats- und Regierungschefs sowie andere Top-Politiker versuchen auch in diesem Jahr, Lösungen und Kompromisse für die vielen Herausforderungen zu finden.

Erster Paukenschlag am Nachmittag bei der Münchner Sicherheitskonferenz: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (59) ging auf Russen-Präsident Wladimir Putin (66) los und forderte ihn auf, seine Mittelstreckenraketen (Typ SSC-8) zu zerstören!

Nur so könne Russland in den INF-Abrüstungsvertrag zurückkehren. Ohne ein Einlenken Russlands und der USA endet das Abkommen Anfang August.

  • Münchner Sicherheitskonferenz

    Ivanka Trump trifft die mächtigen Frauen

    Bei der Münchner Sicherheitskonferenz trifft die Präsidententochter Staatschefinnen und Ministerinnen – vielleicht auch Kanzlerin Merkel.

▶︎ Russland habe mehrere Bataillone des neuen Raketensystems stationiert, sagte der Nato-Chef. Damit sinke die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen in Europa. Die Nato werde darauf angemessen reagieren, wolle aber kein neues Wettrüsten.

Stoltenberg betonte zugleich die Wichtigkeit von anhaltenden Gesprächen mit Russlands: „Dialog ist immer wichtig, aber vor allem dann, wenn es so starke Spannungen gibt wie derzeit.“ Bei einem Treffen am Rande des Gipfels mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow (68) habe es aber keine „neuen Signale“ gegeben.

Zuvor hatte bereits Außenminister Heiko Maas (52, SPD) „mehr Dialog zwischen Amerikanern, Europäern und Russen“ gefordert. Russlands Umgang mit dem INF-Vertrag zeige die negativen Folgen für die Sicherheit aller.

Er betonte zugleich die Wichtigkeit der transatlantischen Partnerschaft und die Hoffnung auf eine stärkere, handlungsfähige Rolle der EU – trotz des schwierigeren Verhältnisses zu US-Präsident Donald Trump (72) und dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union.

Sein Parteikollege und Finanzminister Olaf Scholz (60) wies in seiner Rede hingegen die Kritik an der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline „Nord Stream 2“ zurück: Die Energie-Abhängigkeit Deutschlands von Russland werde erheblich übertrieben, sagte er. Gas mache nur einen kleinen Teil der deutschen Energieerzeugung aus – und Russland nur „Teil des Teils“.

Ischinger eröffnet Konferenz in EU-Kapuzenpulli

Um 14 Uhr begrüßte Konferenzleiter Wolfgang Ischinger im Hotel „Bayerischer Hof“ die Teilnehmer auf der wichtigsten Sicherheitskonferenz der Welt.

Ischinger stand in einem blauen EU-Kapuzenpulli am Rednerpult. Brisant: Einer der zwölf Sterne im gold-gelben Sternen-Kranz fehlte! Eine unbeabsichtigte Anspielung auf den Brexit? Fakt ist: Nach BILD-Informationen prangte der fehlende Stern auf dem Rücken seines Pullovers!

Auf die Frage, wo der EU-Pulli herkomme, erklärte Ischinger lediglich: „Mein Enkel hat mir den Pulli zu Weihnachten geschenkt, jetzt trage ich ihn zum ersten Mal.“

Europa müsse für sich selbst sprechen und handeln, sagte er in seiner Rede.

Dann nahm er die Weltgemeinschaft in die Pflicht:

Das System internationaler Beziehungen bezeichnete der Konferenz-Chef als „ziemlich kaputt“. Es sei zuletzt Vertrauen verloren gegangen. Es reiche nicht, „wenn man nur zusieht und abwartet, während Langzeitkonflikte die Zukunft künftiger Generationen zerstören“. Die liberale Grundordnung scheine auszufransen.

Chef der Münchner Sicherheitskonferenz

„Russland tut so, als würde es in der Bundesliga spielen…“

2:48 Min.

Was man zur Sicherheitskonferenz wissen muss

▶ ︎Die Hauptkonferenz im Luxushotel „Bayerischer Hof“ unweit von Marienplatz und Fußgängerzone begann am Freitag- und endet am Sonntagmittag.

▶ ︎Promis: Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wohl US-Vizepräsident Mike Pence der hochrangigste Redner in München.

▶ ︎Allerdings haben in diesem Jahr auch Top-Promis abgesagt: zuletzt der französische Präsidenten Emmanuel Macron und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

▶ ︎Sicherheit und Demos: Die Polizei setzt wegen der gestiegenen Gästezahl mehr Personal einsetzen. Insgesamt sollen 4400 Beamte die Veranstaltung sichern, vergangenes Jahr waren es 4000.

▶ ︎Zoff-Themen und Brandherde gibt es genug: die Zukunft Europas, das transatlantische Verhältnis, der Streit über die Nato-Verteidigungsausgaben, das Ende des INF-Vertrages, China, den Iran, aber natürlich auch um Krisenherde wie Nahost und Afghanistan.

  • Interview mit Ivanka Trump

    „Ich bin stolz auf meinen Vater“

    US-Präsidententochter Ivanka Trump ist bei der Münchner Sicherheitskonferenz Stargast der amerikanischen Delegation!

Die größten Probleme für die Sicherheit der Welt derzeit:

Unsicherheitsfaktor Trump

Der US-Präsident ist mittlerweile ein großer Unsicherheitsfaktor! Es gibt inzwischen kaum mehr verlässliche, erfahrene und rationale Köpfe in der Trump-Administration, seit sein Verteidigungsminister James Mattis das Handtuch warf.

Durch seine Unberechenbarkeit ist auch das Vertrauen der Europäer in die nukleare Schutzgarantie und den Nato-Bündnis-Partner USA (Anmerkung der Redaktion: Art. 5 Verteidigung der Partner im Angriffsfall) zerstört.

Seit Jahren droht Trump zudem mit Sanktionen, wenn die Nato-Partner ihr Ziel von zwei Prozent Verteidigungsausgaben (Anmerkung der Redaktion: Anteil am BIP) nicht erreichen. Die Stimmung im Bündnis ist angespannt: Wie lange wird sich Trump noch gedulden, bis er möglicherweise zum Rundumschlag ausholt? Und wie sähe dieser dann aus?

  • Münchner Sicherheitskonferenz

    EU und USA arbeiten an neuen Russland-Sanktionen

    München – Es ist der wichtigste Gipfel für Krisen der Welt: In München beginnt heute die 55. Münchner Sicherheitskonferenz. Politike…

INF-Vertrag

Nach der Aufkündigung des INF-Vertrags (Anmerkung der Redaktion: Verbot landgestützter amerikanischer und russischer Mittelstreckenraketen) durch die USA wird befürchtet, dass Europa wieder Schauplatz eines neuen Wettrüstens wird. Jahrzehnte prägte der Vertrag die europäische Sicherheitsarchitektur. Sollte nun von beiden Seiten wieder aufgerüstet werden, liegt vor allem Europa in der Reichweite der russischen Waffen (500 bis 5000 Kilometer).

Langer Weg zur Unabhängigkeit in der EU

Schon lange wissen die Europäer, dass sie „ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen“ müssen, wie Kanzlerin Angela Merkel 2017 sagte. Doch der Aufbau verteidigungspolitischer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist ein jahrelanger Prozess.

Eigene französisch-deutsche Rüstungsprojekte sollen einen Beitrag dazu leisten. Doch hier gibt es bereits erste Probleme in der Praxis. Der Zweifel steckt im Detail: Deutschland und sein Nachbar können sich oftmals nicht in Sachen Exportpolitik einigen, es herrscht Unstimmigkeit darüber, an wen die gemeinsam produzierten Militärgüter geliefert werden dürfen (Stichwort Saudi-Arabien). Frankreich verfolgt hier einen wesentlich liberaleren Kurs. Und der Nachbar wird nach dem Brexit zudem die einzige Nuklearmacht in der EU sein.

  • Wolfgang Ischinger

    Weltpolitik mit dem Charme des Skilehrers

    Er war deutscher Botschafter in Washington. Ab heute ist er für zwei Tage wieder der wichtigste Gastgeber der Welt.

Wachsende Uneinigkeit in der EU

Das Erstarken in Europa erschwert Einigungsprozesse innerhalb der EU. Nationale Egoismen haben zu-, die Wertschätzung des supranationalen Zusammenschlusses abgenommen.
Hinzu kommt, dass die EU gerade in Außen- und Verteidigungsfragen noch immer nicht mit einer Stimme spricht. Die öffentlich wahrgenommenen Diskrepanzen können gezielt von Gegnern ausgenutzt, die EU-Mitglieder gegeneinander ausgespielt werden.

Jüngst bekamen sich Frankreich und Deutschland über die genaue Ausgestaltung der Gas-Pipeline „Nordstream 2“ in die Haare. Frankreich zog sogar seinen Botschafter aus Italien ab. Der Grund: die rechtspopulistische Regierung in Rom, die die anderen EU-Partner gern provoziert, zum Beispiel bei der Haushaltspolitik, beim Abblocken von Flüchtlingsbooten.

ISIS-Terror

Trotz der stärkeren Spannungen innerhalb der EU erscheint sie immer noch als Blase der Glückseligen in einer Welt, die immer mehr Feuer fängt.

Zwar wurde die Terrorgruppe ISIS im Irak und in Syrien militärisch inzwischen stark zurückgedrängt, von ihrem einstigen selbst ausgerufenen Kalifat sind nur vereinzelte kleine Gebiete geblieben. Doch Experten sind sich einig: ISIS ist noch nicht vollständig besiegt, wie auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede sagte. Ihre Kämpfer sind abgetaucht, ihre Ideologie lebt weiter in vielen Köpfen, die Angst vor einem „Comeback“ ist nach wie vor groß – vor allem wenn die westlichen Mächte abziehen. Doch genau das plant Trump in Syrien.

Jahrelange Konflikte

Auch aus Afghanistan will Trump abziehen. Dabei ist die inzwischen seit 17 Jahren andauernde Mission gegen die Taliban dort alles andere als beendet. Inzwischen wird sogar versucht, mit den Taliban über Frieden zu verhandeln, sie dabei bei Themen wie Frauenrechten und Religionsfreiheit zu verpflichten. An der Glaubwürdigkeit solcher Taliban-Zusagen darf aber mindestens gezweifelt werden.

Und dann wären da noch die inzwischen Jahre andauernden Kriege in Syrien (seit 2011) und in der Ost-Ukraine (seit 2014).

Migration und Flüchtlingsströme

Migration und Flüchtlingsströme werden tendenziell eher zunehmen. Daher wird auf der Münchner Sicherheitskonferenz auch über Themen wie Gesundheit, Epidemien und den Klimawandel diskutiert.

Herausforderungen, die die nächste Dekade prägen werden, sind außerdem die Energieversorgung (vor allem wenn wegen der Erderwärmung sukzessive auf erneuerbare Energien umgestiegen wird) und Cyber-Gefahren. Auch der neu entfachte Handelskrieg von Trump (vor allem mit China) steht zur Debatte.

Das einstmals reichste Land Südamerikas, Venezuela, droht im Bürgerkrieg zu versinken, während sich Nordkorea und Iran in den nächsten Jahren trotz aller Gegenmaßnahmen voraussichtlich eher in Richtung Atommacht bewegen werden.

Konfliktfelder gibt es also genug. Der Terminkalender der Teilnehmer wird wie immer gut gefüllt sein …

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