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Politik - 15.03.2019

Neuer Putin-Terror in Syrien

Russische Luftangriffe treffen Flüchtlingslager und Wohnviertel +++ Viele Kinder unter den Opfern

Die von vielen seit Monaten befürchtete „Schlacht um Idlib“ scheint begonnen zu haben.

Am Mittwochabend flog die russische Luftwaffe verheerende Luftangriffe auf Wohngegenden in Idlib-Stadt, der Hauptstadt der gleichnamigen Region. Dabei gab es nach Angaben der Weißhelme-Retter 65 Tote und Verletzte, mehr als die Hälfte davon Frauen und Kinder.

Dem gingen ebenfalls russische Luftangriffe auf ein Flüchtlingslager und weitere Wohnhäuser in den ländlichen Regionen der Provinzen Idlib und Hama voraus. Auch das Assad-Regime bombardiert Kleinstädte und Dörfer in den Regionen seit Tagen nonstop. Dabei setzte das Regime am Dienstagabend erstmals seit Langem wieder die gefürchtete Brandmunition ein, die auf Videoaufnahmen wie brennender Regen vom Himmel auf die schockierte Zivilbevölkerung fiel.

Über das gesamte Ausmaß der jüngsten Gewalt informierte Mustafa Al-Haj, Leiter der Weißhelme in Idlib, BILD per Telefon: „19 Menschen sind durch diese barbarischen Angriffe Assads und Putins in den letzten zwei Tagen ums Leben gekommen, unter ihnen sieben Kinder und zwei Frauen. 95 Verletzte, unter ihnen 30 Schwerverletzte, haben wir versorgt. Der Stadt Khan Assubul bei Idlib wurde mit Vakuumbomben eines russischen Kampfjets angegriffen.“

BILD sprach auch mit Hussain Kail, einem Kameramann aus der Stadt Chan Scheichun. In einem emotionalen Appell bat er Menschen in aller Welt, die Zivilbevölkerung in Idlib vor Assad, Putin und dem Iran zu schützen. Kail zu BILD: „Mir tut es in der Seele weh, dass ich hier zusehen muss, wie meine Heimatstadt von Assads und Putins Raketen gerade zerstört wird.“

Assad habe seine Heimat Chan Scheichun im April 2017 mit Saringas angegriffen, dabei knapp 100 Menschen getötet und etwa 800 verletzt. „Jetzt bombardieren Assad und Putin meine Heimatstadt erneut und vertrieben Tausende Zivilisten. Ich bitte euch alle, Assads und Putins Angriffe auf die ganze Region Idlib zu stoppen und uns zu helfen. Bitte unterschreibt nicht unseren Tot, wir brauchen eure Hilfe“, so Kail zu BILD.

Russlands Attacken könnten neue Flüchtlingsströme auslösen

Klare Worte der Verurteilung zu den jüngsten Angriffen fand Mohamed Al Neser, Menschenrechtsaktivist und leitender Koordinator des syrischen Mediennetzwerks „24CR – Ziviler Widerstand gegen Extremismus“.

Zu BILD sagte er, was auch immer die Ziele der jüngsten Bomben-Kampagne Russlands und Assads seien, „es ist klar, dass die drei Millionen Menschen in Idlib Geiseln in in ihren eigenen vier Wänden sind“. Assad und Putin würden „eine brutale Bombenkampagne mit teils international geächteten Waffen“ betreiben.

  • Hat die Welt Syrien vergessen?

    Seht ihr in die Augen!

    BILD sprach mit Abderrazak K. (27). Bis zur Vorwoche war der Mann aus dem nordsyrischen Idlib Vater von drei Kindern. Jetzt sind zwei tot.

Dies sei „eine direkte Herausforderung an die Europäische Union und die Vereinten Nationen“, die derzeit auf einer Konferenz über Syrien in Brüssel tagen. Die Botschaft sei klar: „Ihr könnte gern über Finanzhilfen für Syrien debattieren, aber wir spielen derweil Gott in Syrien.“

Die Welt müsste darauf reagieren und sämtliche Wiederaufbauhilfen von einem sofortigen Gewaltverzicht Assads und Russlands abhängig machen. Sollte dies nicht geschehen, fürchtet Al Neser für Idlib „eine neue Phase der Gewalt, die zur Flucht von Hunderttausenden führen könnte. Sie werden entweder Binnenvertriebene entlang der türkisch-syrischen Grenze oder Flüchtlinge im Ausland.“

Die Rolle der Türkei

Unklar ist die Rolle der Türkei bei der jüngsten Welle der Gewalt Assads und Putins. Ankara trägt als Garant der „Deeskalationszone Idlib“ Verantwortung für die Einhaltung der Waffenruhe in dem Gebiet, hat mehr als zwölf „Observationsposten“ in der Region errichtet. Moskau behauptete am Mittwoch, die Luftangriffe seien mit der türkischen Regierung koordiniert. Diese dementierte.

Der türkische Syrien-Analyst Mete Sohtaoğlu erklärte gegenüber BILD, „Ankara ist extrem erbost über die Angriffe Assads auf Idlib und fordert Moskau dazu auf, Damaskus von weiteren Attacken abzuhalten“. Zu diesem Zwecke habe die türkische Regierung am Donnerstag die Einrichtung eines „türkisch-russischen Beobachtungszentrums für die Lage in Idlib“ verkündet und werde seine Patrouillen innerhalb der von Rebellen gehaltenen Gebiete verstärken.

Gleichzeitig arbeite die Regierung in Ankara daran, „die dschihadistischen Gruppen in Idlib aufzulösen und die ausländischen Kämpfer der Region zu verweisen“. Zudem verhandele man mit den von Ankara kontrollierten Gruppen über eine mögliche militärische Reaktion auf die Angriffe Assads und Putins. Bislang hat die Regierung Erdogan dies den unterstützten Rebellen untersagt.

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