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Politik - 23.05.2019

May will am Freitag Rücktritt bekannt geben

Europawahl beginnt mit Paukenschlag in Großbritannien + Konservativen droht historische Schlappe + Parteibasis soll Nachfolger bestimmen

Quelle: Reuters
1:12 Min.

Die Europawahl, die heute ausgerechnet in Großbritannien begonnen hat, wird dort endgültig zur Farce: Die britische Premierministerin Theresa May (62) will am Freitag, also unmittelbar nach Schließung der Wahllokale (heute, 23 Uhr), ihren Rücktritt erklären!

Das berichtet die Zeitung „The Times“ ohne Nennung von Quellen. May wolle mit der Ankündigung den Weg für einen Nachfolger freimachen.

Mehrere britische Zeitungen zeigten am Donnerstag May mit feuchten Augen auf dem Rücksitz ihres Dienstwagens. „Tearesa“ titelte die „Sun“, ein Wortspiel aus dem Vornamen der Regierungschefin und dem englischen Wort für Tränen („tears“).

„May mit Triefaugen vor dem letzten Showdown“, schrieb der „Daily Express“ zum selben Foto. Die Kommentatoren waren sich einig: Der Brexit-Plan von Theresa May ist am Mittwoch endgültig gescheitert, der Auftritt der Premierministerin im Parlament glich einer Demütigung.

„May ist im Amt, aber ist sie noch an der Macht?“, überschrieb die einflussreiche BBC-Korrespondentin Laura Kuenssberg ihren Kommentar.

May zieht nun offenbar die Konsequenz aus dem wachsenden Druck aus ihrer Partei. Den konservativen Tories droht nach Stand der Umfragen ein beispielloser Absturz, sie könnten bei der Europawahl je nach Umfrage nur sieben bis zwölf Prozent erreichen. Haushoch in Führung liegt die neu gegründete Brexit-Partei von EU-Hasser Nigel Farage.

Mays Plan sei, im Amt zu bleiben, bis ihre Konservative Partei einen Nachfolger ausgewählt habe, berichtet die „Times“. Dieser solle in einem zweistufigen Verfahren ermittelt werden, das laut „Sun“ etwa sechs Wochen dauern soll. Am Ende sollen dem Bericht zufolge 125 000 Mitglieder der Konservativen Partei zwischen zwei Kandidaten entscheiden.

Während auch die größte britische Boulevard-Zeitungen Mays Rücktritt schon für Freitag erwartet, berichten andere Medien, May wolle noch die Verkündung des Wahlergebnisses am Sonntag abwarten.

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Das Vertrauen in die Premierministerin war zuletzt selbst bei ihren Parteifreunden aufgebraucht: Der von ihr mühsam ausgehandelte Brexit-Deal mit der EU wurde ganze DREI Mal vom Parlament (und ihrer eigenen Partei) abgeschmettert. Die Opposition nimmt sie nicht mehr ernst, weil ihre eigene Partei offen ihren Sturz plant.

Am Mittwochabend der nächste Rückschlag für May: Andrea Leadsom, Mays Ministerin für Parlamentsfragen, verkündete ihren Rückzug. Sie glaube nicht mehr daran, dass der Kurs der Regierung zur Umsetzung des Brexit-Referendums führen werde, erklärte die Tory-Abgeordnete auf Twitter. Die überzeugte Brexit-Befürworterin war in Mays Kabinett für die Beziehungen zum Unterhaus zuständig.

It is with great regret and a heavy heart that I have decided to resign from the Government. pic.twitter.com/f2SOXkaqmH

— Andrea Leadsom MP (@andrealeadsom) May 22, 2019

Und May selbst? Die hielt trotz ihrer dicken Blamage – die Parteikollegen ihrer britischen Konservativen schwänzten die letzte parlamentarische Fragestunde und setzten ein deutliches Zeichen gegen ihre eigene Chefin – weiter an ihrem Amt fest. Vorerst.

Doch die Stimmungslage im Land ist erdrückend für May. Die Zeitung „The Guardian“ kommentierte, May sei es nicht gelungen, das Volk und das Parlament davon zu überzeugen, ihrem Urteil zu vertrauen. Weiter hieß es: „Dieses schwere und langandauernde Versagen ist der Hauptgrund dafür, dass der gesamte Brexit-Prozess gescheitert ist. Es ist verantwortlich dafür, dass die Briten an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen werden und für das brutale Urteil, das diese Wahl mit Sicherheit über die Premierministerin und ihre Partei fällen wird.“

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Nicht absehbar ist, was der Abgang von Theresa May für den Brexit insgesamt bedeutet. Aktuell ist die Frist für eine eivernehmliche Lösung mit der EU auf 31. Oktober festgesetzt.

Sollte sich der ehemalige Außenminister Boris Johnson („Brexit-Boris“) im Kampf um Mays Nachfolge durchsetzen, dürfte er versuchen, ein neues Abkommen mit Brüssel auszuhandeln. Die Gefahr eines Chaos-Brexits – also eines ungeregelten Ausscheidens aus der EU – würde in diesem Fall wieder steigen, denn Johnson gilt zum Beispiel als Gegner einer milliardenschweren Abschlusszahlung der Briten an die EU.

Mays Angebot, das Parlament über ein zweites Referendum abzustimmen, war mit der Annahme ihres Brexit-Plans verknüpft – und ist durch ihr Scheitern nun ebenfalls wieder vom Tisch.

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