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Politik - 08.02.2019

Kann die EU die Putin-Pipeline überhaupt noch stoppen?

Frankreich will sich gegen die Russen-Gasleitung „Nord Stream 2“ stellen. Das kündigte das Außenministerium in Paris an. Aber: Der Bau der Pipeline durch die Ostsee ist schon weit fortgeschritten!

Ein Viertel ist nach Angaben des Investors OMV fertig: Etwa 600 Kilometer Rohre auf der insgesamt 1200 Kilometer langen Strecke zwischen Russland und Deutschland seien verlegt, sagte der Chef des österreichischen Energiekonzerns OMV, Rainer Seele. Wegen doppelt verlegter Rohre betrage die Gesamtrohrlänge 2400 Kilometer.

Auch der für den Bau verantwortliche russische Energiekonzern Gazprom hat erst kürzlich verlauten lassen, dass der Bau planmäßig laufe: „Mehr als 20 Prozent der Pipeline sind fertiggestellt.“ Schon von 2020 an sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Westeuropa fließen.

Kann das „Nord Stream 2“-Projekt überhaupt noch gestoppt werden?

▶︎ Ein kompletter Stopp ist wohl nicht möglich, strengere Regeln aber schon. Fakt ist: Am Freitag kommen die Botschafter der EU-Mitgliedsländer in Brüssel zusammen. Von 15 Uhr an diskutieren sie eine Änderung der EU-Gas-Richtlinie, die „Nord Stream 2“ betreffen würde.

Ziel der Änderung ist es, auch für Drittländer wie Russland die Regeln des EU-Binnenmarktes anzuwenden. Heißt: Gas-Lieferant und Pipeline-Betreiber dürfen nicht identisch sein, um große Abhängigkeiten zu verhindern. Innerhalb der EU gilt das bereits für alle Gasleitungen. Käme die Verschärfung durch, würde sie der EU-Kommission ermöglichen, zumindest Teile von „Nord Stream 2“ zu regulieren. Das könnte den Gewinn des Zehn-Milliarden-Projekts schmälern und es womöglich unwirtschaftlich machen.

Putin-Pipeline „Nord Stream 2"

Darum setzt die Pipeline Deutschland unter Druck

Quelle: BILD / Reuters, Next Animation
1:47 Min.

Was im Entwurf steht

Der Entwurf, über den morgen beraten wird, ist ein Kompromissvorschlag des Ratsvorsitzenden Klaus Johannis (rumänischer Präsident). Das Papier enthält Änderungsvorschläge zur bestehenden Gas-Richtlinie 2009/73/EC.

Das 17 Seiten lange Dokument hat es in sich. Der wohl weitreichendste Änderungsvorschlag steht unter Punkt vier: Würde er angenommen, hieße das für „Nord Stream 2“ nichts Gutes. Denn dann wären zwar Ausnahmen für Pipelines möglich – allerdings nur für solche, die bei Beschluss schon existieren. Da sich „Nord Stream 2“ noch voll im Bau befindet, dürfte sie bis zu einer Beschlussfassung nicht fertig werden – keine Chance auf die Ausnahme-Regelung. Heißt: Kommt es zur Änderung der Gasrichtlinie, müsste Gazprom wohl einen neuen Betreiber für „Nord Stream 2“ finden.

Wann gibt es eine Entscheidung?

Wie EU-Beamte zu BILD sagten, gibt es bei dem Treffen am Freitag noch keine offizielle Abstimmung. Es gehe erst mal nur um die Frage, ob dem rumänischen Ratsvorsitz das Mandat erteilt wird, überhaupt Verhandlungen mit dem EU-Parlament über eine Richtlinien-Änderung zu starten. Die EU-Kommission und das Parlament wollen diese Verschärfung schon seit Längerem.

Demnach geben die Ständigen Vertreter bzw. Botschafter der EU-Mitglieder ihre Zustimmung oder Ablehnung über den Entwurf mündlich ab. Frankreich war bislang – wie Deutschland – gegen die Verschärfung und unterstützte damit die Russen-Pipeline.

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Bislang galt ein Erfolg der Regulierungspläne als unwahrscheinlich. Stimmt Frankreich morgen aber tatsächlich für eine Richtlinien-Änderung, ist der Weg frei für Verhandlungen. Das französische Außenministerium betonte zwar, die Arbeiten mit den EU-Partnern und „insbesondere mit Deutschland zu möglichen Änderungen an dem Text“ der Richtlinie würden fortgesetzt. Trotzdem hätten die Verschärfungsgegner wie Deutschland dann zu wenig Gewicht.

Dann könnte es so weitergehen: Der Ratsvorsitzende verhandelt mit dem Parlament. Kommt es zu einer Einigung, würden die Juristen die Richtlinien-Verschärfung prüfen. Erst wenn sie zustimmen, kann sie von Parlament und Rat beschlossen werden. Wie lange dieser Prozess dauern wird, ist laut EU-Kreisen unklar.

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