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Politik - 21.03.2019

EU-Gipfel: Was bei den Staats- und Regierungschefs auf den Tisch kommt

Ein Gipfeltreffen im Sommer 2018: Während der Beratungen essen die EU-Chefs. Es gibt viele Kriterien an das Menü auf einem Gipfel. (Quelle: dpa)

Am Donnerstag könnte das letzte gemeinsame Essen der 28 EU-Chefs anstehen. Für das Catering ein Großereignis. Denn es gibt vieles zu beachten, sagt der Chefkoordinator. 

Es wird vielleicht der letzte reguläre EU-Gipfel, bei dem alle 28 Staats- und Regierungschefs gemeinsam beim Abendessen sitzen. Schon bald könnte der Platz der britischen Premierministerin Theresa May an der Brüsseler Tafel leer bleiben – wenn nicht, wie so oft beim Brexit, doch alles anders ausgeht. Aber wie die Entscheidung zum britischen EU-Austritt auch ausfällt, Jaroslaw Zaczykiewicz wird es nehmen, wie es kommt.

Seit über zwei Jahren ist der gebürtige Pole als Chefkoordinator dafür zuständig, dass beim Europäischen Rat alle satt werden, von den Politikern, den Mitarbeitern, Journalisten bis hin zu den Besuchern. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs ist für ihn trotzdem jedes Mal etwas Besonderes.

„Es ist immer wieder ein außergewöhnliches Ereignis“, sagt der 53-Jährige. Entsprechend früh und akribisch werden die Dinner vorbereitet. Eineinhalb Monate vorher geht es los. Dann wird mit einer externen Catering-Firma das Menü besprochen. Dabei gilt es, Kriterien zu beachten. Viele Kriterien.

Rosenkohl kommt nicht auf den Tisch

Die Lebensmittel müssen zunächst möglichst regional, saisonal und nachhaltig sein. Ethische Erwägungen spielen bei der Auswahl eine große Rolle. Nicht serviert werden etwa bedrohte Fischarten, Gänsestopfleber oder extrem teures Essen wie Kaviar. Verzichtet wird auch auf spezielle Lebensmittel, die nicht jedem schmecken – Rosenkohl zum Beispiel. Strenge Gesundheitsvorschriften verbieten rohes Fleisch oder rohen Fisch. Zudem gibt es eine Liste mit den speziellen Essgewohnheiten und Allergien der Teilnehmer.

Praktikabel muss es außerdem noch sein. Die Regierungschefs haben während des Dinners nicht nur ihre Teller vor sich, sondern müssen auch mit Mikrofonen, Papieren und ihren Smartphones hantieren. Da müssen die Gerichte einfach zu essen sein, erklärt Zaczykiewicz. Klare Suppe geht noch. Spaghetti eher nicht. „Es gab mal ein sehr schönes Dessert“, sagt er, „ein Eis, das sich aber extrem schwer mit dem Besteck zerschneiden ließ.“ Das kam dann nicht in Frage. Auch muss das Essen nach Verzögerungen noch genießbar sein. Was etwa schnell zerkocht, fliegt ebenfalls raus.

Ist endlich ein Menü gefunden, das allen Erfordernissen gerecht wird, gibt es ein Testessen mit vier Mitarbeitern. Für den Fall eines spontanen Gipfeltreffens haben die Verantwortlichen zur Sicherheit immer fertig getestete Menüs in der Hinterhand. Die Crew muss in der Lage sein, in maximal drei Tagen ein Dinner auf die Beine zu stellen.

Beim Dessert gibt es Sonderwünsche

Was es beim Gipfel am Donnerstagabend gibt, wird erst kurz vor Beginn bekanntgegeben. Zuletzt im Dezember gab es als Vorspeise Meeresfrüchte mit jungem Gemüse, als Hauptgang gedünstetes Kabeljaufilet mit Brunnenkresse, Kartoffelpüree und Lauch und als Nachspeise ein Schokoladen-Mandel-Dessert und Pralinencreme mit getrockneten Früchten.

Meist schmecke es allen, sagt der Organisator. Nur beim Dessert gebe es manchmal Sonderwünsche. „Oft wollen die Teilnehmer am Ende lieber nur noch etwas Obst, sagt Zaczykiewicz. „Das bekommen sie dann natürlich. Wir sind auf alles vorbereitet.“ Auch für die anderen Gänge gebe es immer Alternativen.

Der Service ist beim EU-Gipfel-Dinner ebenfalls genau geregelt: Jeder Kellner muss zehn Personen gleichzeitig bedienen. Die meisten von ihnen sind schon viele Jahre dabei und kennen die Teilnehmer gut. In der Küche selbst arbeiten sechs bis zehn Köche. Je nach Situation könne es dort manchmal hektisch zugehen, erzählt Zaczykiewicz, vor allem, wenn sich das Dinner verzögert. Wenn dann aber alle am Tisch sitzen, kehre meist wieder Routine ein.

Wie viel Kaffee während eines Gipfels fließt, kann er nicht genau sagen. „Auf jeden Fall viel.“ Bei den Sitzungen sind es standardmäßig zwei Tassen, nach dem Dinner noch einmal eine. Teilweise werde aber auch nachgeschenkt.

Der teuerste Wein kostet 15 Euro

Und Alkohol? Werde nicht so viel getrunken. Pro Gericht gibt es ein Glas Wein, stets europäischen Ursprungs. Im ratseigenen Weinkeller lagere übrigens längst nicht mehr so viel Vorrat wie früher. 2012 waren es 27.000 Flaschen, jetzt nur noch 14.000. Der Teuerste davon kostet gerade mal 15 Euro im Einkaufspreis.

„Wir versuchen immer, das Menü einfach zu halten“, erklärt Zaczykiewicz. Er war früher selbst als Diplomat bei vielen Staatsessen in anderen Ländern eingeladen. „Da ging es zum Teil deutlich spektakulärer zu, zum Beispiel in Frankreich.“ Sein Lächeln wird breiter. Aber bei EU-Gipfeln gelten andere Maßstäbe. „Es sind nun mal keine Gala-Dinner, sondern Arbeitsessen. Und die müssen funktionieren.“
 

 
Ein bisschen Ambiente darf aber trotzdem sein. Jeder Platz wird mit Blumen der Saison geschmückt, die korrekten Abstände zwischen den Teller-Unterlagen werden auch gern mal mit dem Lineal nachgemessen. Den gesamten Tisch herzurichten dauert zwei Tage. Einen Tag davon werden allein die Tischdecken gebügelt.

Wenn die Gespräche kein Ende finden sollten, ist ebenfalls vorgesorgt. Dann werden auf Wunsch noch Kleinigkeiten gereicht, wie Obstsalat, Sandwiches oder andere Erfrischungen. Er selbst brauche keine Wachmacher, sagt Zaczykiewicz. Bei solchen speziellen Anlässen helfe ihm sein „natürliches Adrenalin.“

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