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Politik - 15.11.2018

Etappen-Sieg im Brexit-Krimi, aber…

In England formiert sich bereits Widerstand – Mehrheit im Parlament fraglich + EU beruft Sondergipfel am 25.November ein

Wichtiger Etappensieg für die britische Premierministerin Theresa May in den Brexit-Verhandlungen!

► Das britische Kabinett hat den Entwurf für das Brexit-Abkommen mit der EU gebilligt. Das teilte Premierministerin Theresa May nach einer etwa fünfstündigen Sitzung mit ihren Ministern am Mittwochabend in London mit.

Es sei eine schwere Entscheidung gewesen, vor allem mit Blick auf die umstrittene Irland-Frage. May sprach dennoch vom bestmöglichen Abkommen, das habe ausgehandelt werden können. Dem OK aus dem Kabinett sei eine „lange, detaillierte und leidenschaftliche“ Debatte unter den Ministern vorangegangen.

Britische Medien berichten: Etwa ein Drittel der Minister und Staatssekretäre meldete sich kritisch oder ablehnend zu Wort.

Heute muss Theresa May im Parlament bei der Vorstellung des 500-Seiten-Abkommens mit viel Kritik von Brexit-Hardlinern und -Gegnern rechnen. Für den 25. November hat EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel einen Sondergipfel einberufen, um den Austrittsvertrag von Seiten der Staats- und Regierungschefs unter Dach und Fach zu bringen. Für einen geregelten Brexit am 29. März 2019 müssten dann noch das britische Parlament (gilt als größte Hürde) und das Europaparlament zustimmen.

Juncker sieht ausreichende Fortschritte

►EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sieht die Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien fast am Ziel, nachdem das britische Kabinett den Entwurf für das Abkommen gebilligt hat. Er sehe genügend Fortschritt, um die Verhandlungen nun zu beenden, schrieb Juncker am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter.

► Der Chef-Unterhändler der EU, Michel Barnier, sagte am Abend bei einer Pressekonferenz, das Abkommen verhindere eine „harte Grenze“ mit wiedereingeführten Kontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und Irland zu verhindern – das ist einer der wesentlichen Knackpunkte bei den Verhandlungen. Ziel sei es zunächst, die Frage in einer Vereinbarung zu den künftigen Beziehungen während der geplanten Übergangsphase nach dem Brexit abschließend zu klären. Reiche die Zeit nicht, könne die Übergangsphase verlängert werden, oder es greife eine Auffanglösung, in der das gesamte Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibe.

„Wir haben einen großen Schritt auf einen geordneten Rückzug (Großbritanniens) gemacht“, sagte Barnier.

  • Streit um Abkommen

    Schotten wollen über Brexit-Deal abstimmen

    In Schottland weht eine steife Brexit-Brise! Schottlands Regionalparlament will über das Brexit-Abkommen abstimmen

  • Vorbereitung auf den Notfall

    Firmen befürchten den harten Brexit

    Europas Wirtschaft bereitet sich auf den Brexit-Ernstfall vor. Britische Unternehmen setzen deshalb erste Notfallpläne um.

Mehrheit im Parlament fraglich

Sollten nun auch die Regierungschefs der 27 verbliebenen EU-Länder zustimmen, wäre der Weg frei für eine Abstimmung über das Abkommen im britischen Parlament.

Dort formiert sich jedoch parteiübergreifender Widerstand gegen den Entwurf. Ob die Regierung eine Mehrheit erreichen kann, scheint zweifelhaft.

Umstritten bleibt vor allem die Frage, wie dauerhaft Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden können.

Das Votum wird spannend – Mays Brexit-Strategie hat dort viele Feinde. Brexit-Verfechtern wie dem ehemaligen Außenminister Boris Johnson ist ihr Kurs gegenüber der EU zu lasch, während die Pro-Europäer hoffen, den Brexit doch noch aufhalten zu können.

Nach Aussage von EU-Diplomaten ist die noch nicht terminierte Abstimmung der größte Stolperstein für Mays Brexit-Plan. Sie benötigt ungefähr 320 von 650 Stimmen im Unterhaus.

EU und Grossbritanien haben sich geeinigt

Durchbruch bei Brexit-Gesprächen erzielt

Quelle: Reuters
1:10 Min.

Bei einer Fragestunde im Parlament vor der Kabinettssitzung hatte May das Abkommen verteidigt. Es sei ein „guter Deal“ für Großbritannien. Mays Parteifreund und Brexit-Hardliner Peter Bone warnte hingegen, sie werde „die Unterstützung vieler konservativer Abgeordneter und Millionen von Wählern verlieren“.

Sollte die angekündigte Einigung im Parlament in Westminster keine Mehrheit finden, droht ein Austritt ohne Abkommen – mit schweren Folgen für alle Lebensbereiche. Zuerst wäre es aber wohl das Ende der Regierung May.

Warnungen vor ungeordnetem Brexit

Mehrere britische Medien spekulierten unterdessen unter Verweis auf Informationen aus Kreisen der Konservativen Partei über einen bevorstehenden Misstrauensantrag gegen May. Für einen solchen Antrag wären entsprechende Briefe von 48 Tory-Parlamentariern notwendig.

► Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte Großbritannien energisch vor einem ungeordneten Brexit. Der EU-Austritt sei das größte Risiko für die britische Wirtschaft, wenn auch bei weitem nicht das einzige Problem.

► Auch die deutsche Wirtschaft warnte vor großen Risiken. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, kommentierte: „Der Brexit wird zwar so oder so zu hohen Kosten für die Unternehmen führen, sei es wegen drohender Zölle oder zusätzlicher Brexit-Bürokratie. Ein ungeregelter Brexit wäre allerdings ein Desaster.“

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