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Politik - 16.12.2018

Der RAF-Jäger ist tot

„Horst Herold hatte die seltene Gabe, sich in die Köpfe der Terroristen hineinzuversetzen. Das hat uns im Kampf gegen die RAF enorm geholfen.“ – Helmut Schmidt

Horst Herold, der langjährige Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), ist am Freitag im Alter von 95 Jahren gestorben.

Er brachte einer ganzen Generation die Schlagworte „konspirative Wohnung“ und „Rasterfahndung“ bei: Horst Herold, von 1971 bis 1981 Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) – und erbittertster Gegner der „Roten Armee Fraktion“. Deren erste Generation um Andreas Baader und Ulrike Meinhof brachte Herold fast vollständig hinter Gitter. Unter Einsatz von (zu damaliger Zeit) modernster Daten- und Computertechnik.

Herold, geboren 1923 in Sonneberg (Thüringen), Soldat im zweiten Weltkrieg, nach 1945 Mitglied der SPD und Gegner der Wiederbewaffnung, begann 1953 als Staatsanwalt in Nürnberg, wurde 1967 Polizeipräsident der Stadt.

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1971, zu Beginn seiner Arbeit als BKA-Chef, waren Telefon und Fernschreiber noch die gängigsten Kommunikationsmittel. Doch der Ex-Juso war überzeugt, dass ein dichtes Fahndungsnetz – unterstützt von Computern und Karteien – die Terroristen der beginnenden RAF früher oder später in die Fänge der Polizei treiben könne. Am Grab von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, den die RAF im April 1977 ermordete, schwor Herold: „Ich bringe sie dir alle.“

Unter Herold sammelte das BKA Daten von Mietern, Hausbesitzern, Mietverträgen, Autos, Wohnungen – um aus einem Datenabgleich gezielt verdächtige Personen und mögliche „konspirative Wohnungen“ herauszufiltern, in denen Terroristen Unterschlupf finden könnten. Im Terror-Herbst 1977 spielte der BKA-Chef die entscheidende Rolle im Krisenstab der Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Herolds Methoden zeigten Wirkung: Als im September 1977 Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt wurde, landete auch die Adresse „Zum Renngraben 8“ in Erftstadt-Liblar in Herolds Raster.

Dorthin hatte die RAF Schleyer verschleppt. Die Wohnung hatte die typischen Merkmale eines Terroristen-Verstecks: Tiefgarage, nahe einer Autobahn, Miete vorab in bar bezahlt. Über die Mieterin der Wohnung gab es umfangreiche Daten im BKA-System.

Doch die Meldung eines Polizeibeamten vor Ort versandete im Meldesystem der Polizei. Die Fahnder wurden zu spät alarmiert, verpassten Schleyer nur knapp nach dessen Verlegung in ein anderes Versteck. Die RAF erschoss Schleyer später. Eine Panne, die Herold später zu Unrecht persönlich angelastet wurde – und die er sich selbst nie verzieh.

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Im Zuge der weiteren RAF-Fahndung erschien die Datengier des BKA der mitregierenden FDP allmählich unheimlich. 1981 musste Herold sein Amt auf Druck von FDP-Innenminister Gerhart Baum verlassen. Er zog sich – zeitlebens bedroht von den Nachkommen der RAF – ins Private zurück. Wie eingesperrt wohnte er auf einem bewachten Ka­ser­nen­ge­lände im bayerischen Rosen­heim (ein Umzug ins Ausland war ihm aus Sicherheitsgründen verwehrt worden).

Eine Kaserne! „Wahr­lich nicht der Platz, den sich He­rold für sei­nen Le­bens­abend frei­wil­lig aus­ge­sucht hät­te“, schrieb Ex-„Stern“-Chef Michael Jürgs aus Anlass von Herolds 95. Geburtstag im Oktober.

Deutschlands ehemaliger Cheffahnder gegen die RAF sei am Ende vor allem eines gewesen: „Der letzte Gefangene der RAF.“

Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte zu Herolds Tod: „Das BKA steht noch heute in den Fußstapfen von Horst Herold. Für seine Dienste in der deutschen Polizei und für Deutschland gebührt ihm unser großer Dank und Anerkennung.“

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