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Politik - 19.12.2018

Brexit-Chaos würgt Briten-Wirtschaft ab

101 Tage vor dem Brexit: Mays Kabinett bereitet sich auf ungeordneten EU-Austritt vor + 3500 Soldaten stehen für Notfälle bereit

Glauben sie selbst nicht mehr an den geordneten Brexit, an das Scheidungsabkommen mit Brüssel, das in monatelangen Verhandlungen erarbeitet wurde?

Die britische Regierung versammelte sich am Dienstagmorgen in Downing Street 10, um Vorkehrungen für einen ungeregelten Brexit zu treffen. Das Kabinett habe sich darauf verständigt, entsprechende Pläne „scharf zu stellen“, sagte der Sprecher von Premierministerin Theresa May zu „Sky News“.

► Dazu gehörten Vorkehrungen, um auf Schiffen Platz für die Lieferung von medizinischen Gütern und anderen Waren nach Großbritannien zu schaffen.

► Die britische Armee hält 3500 Soldaten für „alle Eventualitäten“ bereit, sagte Verteidigungsminister Gavin Williamson. Ihre Aufgabe sei es, „im Notfall die Regierungsinstitutionen zu unterstützen“.

► Experten warnen seit Monaten vor dramatischen Folgen für die britische Wirtschaft.

2,2 Milliarden Euro Steuergeld für Brexit-Nothilfe

Ein staatlicher Hilfsfonds über 2 Milliarden Pfund (2,2 Milliarden Euro) soll die befürchteten Chaos-Auswirkungen abfedern, berichten britische Medien.

Mays Schritt wird als Signal an die EU und an die Abgeordneten im Unterhaus gewertet, dass es die Regierung ernst meint, notfalls ohne Abkommen aus der Staatengemeinschaft auszutreten.

  • Nach Brexit wird Reisen teurer

    Europa kostet für Briten bald sieben Euro Eintritt

    Für die Briten soll die Reise in die EU nach dem Brexit sieben Euro Eintritt kosten, so der Plan der Europäischen Kommission.

  • Finanzminister Hammond im TV

    »Britische Wirtschaft wäre ohne Brexit besser dran

    Der Finanzminister gab im BBC-Interview zu: Der Brexit wird Großbritannien wirtschaftliche Nachteile bringen.

Noch am Vortag hatte May Forderungen nach einem zweiten Brexit-Referendum vehement zurückgewiesen. Eine weitere Abstimmung würde der britischen Politik „irreparablen Schaden“ zufügen, sagte May am Montag im Parlament. „Irreparabel“ wäre dann allerdings auch ihre eigene politische Karriere. Auch deshalb verweigert sie Debatten zu einem Plan B, wiederholt stattdessen ihr Mantra: Mein Deal oder kein Deal.

Chaos-Brexit immer wahrscheinlicher

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will am Mittwoch eigene Notfallpläne vorlegen, für den Fall, dass die Blockade im britischen Unterhaus anhält. Die Situation grenzt ans Groteske: Obwohl angeblich niemand einen Chaos-Brexit will, findet sich für keine Alternative eine Parlaments-Mehrheit, steuert das Land 101 Tage vor dem Scheidungstermin genau darauf zu.

Die May-Regierung gibt inzwischen zu, dass der Brexit – egal, wie er am Ende konkret aussieht – der Wirtschaft schadet. Keine Rede mehr von den 350 Millionen Pfund Einsparungen pro Woche, die Brexit-Vorkämpfer Boris Johnson auf die Seite eines roten Busses hatte drucken lassen und die dann dem nationalen Gesundheitsdienst NHS zugute kommen sollten.

  • „Dark Ads“ auf Facebook

    DIESE geheime Hetzkampagne lockte die Briten in den Brexit

    Jahrhundert-Votum oder Jahrhundert-Beschiss? Der Wahlkampf der Brexit-Befürworter 2016 war noch viel schmutziger als bislang bekannt.

Stattdessen kostet der Brexit die britische Staatskasse schon heute bares Geld. Laut jüngsten Schätzungen hat die Unsicherheit während der zähen Verhandlungen die Wirtschaftskraft des Landes seit dem Referendum 2016 um zwei Prozent kleiner ausfallen lassen, als es sonst der Fall gewesen wäre. Eine Denkfabrik bezifferte den Schaden für den Schatzkanzler im Sommer auf 500 Millionen Pfund pro Woche.

Pfund auf 20-Monats-Tief

Für die Bürger macht sich die Konjunkturdelle bereits auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Im Oktober gaben 80 Prozent der britischen Unternehmen an, der Brexit habe einen negativen Effekt auf ihre Investitionsentscheidungen gehabt. Im eigenen Geldbeutel schmerzt der Wertverlust des Pfund. Im Vergleich zur US-Währung stürzte das Pfund vor wenigen Tagen auf ein 20-Monats-Tief von unter 1,25 Dollar. Das treibt die Preise für Importwaren.

Die Bank von England rechnet mit einem weiteren Absturz von 25 Prozent, sollte der Chaos-Brexit nicht verhindert werden. Auch der Immobilienmarkt würde schwer getroffen: Die Zentralbanker gehen von einem Fall der Hauspreise um 30 Prozent aus.

May kündigte zu Wochenbeginn im Unterhaus an, dass die verschobene Abstimmung über ihren Brexit-Deal in der dritten Januarwoche (vom 14.1. an) stattfinden soll. Oppositionsführer Jeremy Corbyn (Labour-Partei), der auf ein Votum noch vor Weihnachten gedrungen hatte, kündigte eine Vertrauensabstimmung im Parlament an, die May aber nur symbolisch schaden kann.

Regierungsvertreter sprachen von einem „Trick“ und „Zeitverschwendung“.

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