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Politik - 14.02.2019

Blamiert sich Deutschlandbeim Nahost-Gipfel?

In Warschau ist die Nahost-Konferenz gestartet, die von den USA gemeinsam mit Polen organisiert wurde. Zu dem zweitägigen Treffen sind Delegationen aus rund 60 Ländern angereist, darunter mehr als 30 Minister.

Neben US-Außenminister Mike Pompeo und Vize-Präsident Mike Pence gehörten auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und der Außenminister Großbritanniens zu den hochrangigen Gästen. Dutzende andere Länder (insbesondere jene, die direkt vom Iran bedroht sind) nehmen ebenfalls mit hochrangiger Vertretung teil.

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Bei den ersten Statements am Donnerstagmorgen betonten die Gastgeber die Bedeutung der Konferenz: „Der Nahe Osten verdient besondere Beachtung und wir wollen hier einen Prozess starten, vielleicht nennen wir es den ,Warschauer Prozess‘“, sagte Polens Außenminister Jacek Czaputowicz vor der Presse. Polen sei als Austragungsort besonders geeignet, weil hier vor 30 Jahren eine unblutige Demokratisierung stattgefunden habe, die zum Ende des Kalten Krieges führte. „Diese Erfahrung kann von großem Wert für andere Regionen sein.“ 

Auch Außenminister Pompeo nannte die Konferenz am Donnerstagmorgen ein „historisches Treffen“, eine „neue Ära“, bei der man „neue Wege sucht, um alte Probleme zu lösen“. Kein Land solle da an der Seitenlinie stehen.

Die Konferenz sei zudem ein Beweis, dass die USA weiterhin dem Nahen Osten verpflichtet bleiben und als Kraft für das Gute wirken wollen. „Unsere strategischen Ziele in Bezug auf Syrien haben sich nicht geändert.“ 

Ihre Ziele könnten kaum höher sein: Es gehe um „Stabilität, Frieden, Freiheit und Sicherheit“ im Nahen Osten, kündigte US-Außenminister Mike Pompeo schon im Januar an. Dabei sei es wichtig sicherzustellen, dass Iran kein destabilisierendes Element sei. Eine Bemerkung, die bei einigen Partnern in Europa nicht gut ankam und dem Treffen sofort den Ruf einer „Anti-Iran-Konferenz“ einbrachte, auch wenn die Gastgeber danach immer wieder betonten, dass es NICHT nur um Iran gehen solle.

Der iranische Außenminister ätzte dennoch gegen die Konferenz und nannte sie einen „Zirkus“ und eine „Totgeburt“ und unterstellte sogar einen Zusammenhang zwischen dem Treffen in Warschau und einem Selbstmordanschlag auf Revolutionsgarden in Iran.

Auch Russland, die Türkei, Qatar, Libanon und die Palästinenser blieben dem Treffen fern.

Nach dem Mittagessen werden die Teilnehmer über humanitäre Herausforderungen und die Flüchtlingssituation sowie über Strategien gegen die Verbreitung ballistischer Raketen, die Bedrohung durch Cyberangriffe, Terrorismus und Geldwäsche diskutieren. Nach einer geschlossenen Abschlusssitzung treten die Gastgeber am Nachmittag erneut gemeinsam vor die Presse.

Kritik an Deutschlands Position

Am Mittwochabend waren die Vertreter aller Delegationen schon zu einem privaten Dinner im Warschauer Königsschloss zusammengekommen, das unter der Hand als eigentlich wichtigster Teil der Konferenz galt. Israelische Beobachter bemerkten schon im Vorfeld, dass es das erste Treffen seit 1991 ist, an dem Israel und fast alle arabischen Nachbarn gemeinsam teilnehmen. Israels Ministerpräsident Netanyahu nannte das Dinner sogar einen „historischen Wendepunkt“: „In einem Raum mit rund 60 Außenministern, die Dutzende Regierungen vertreten, haben ein israelischer Ministerpräsident und die Außenminister der führenden arabischen Länder zusammengestanden“, twitterte Netanyahu.

Die Bundesregierung bemüht sich aktuell hingegen intensiv darum, Iran im Atom-Deal zu halten und blickt eher skeptisch auf die Konferenz, bei der Iran nicht vertreten ist. Staatsminister Niels Annen (45, SPD) leitete die deutsche Delegation, Außenminister Heiko Maas (52, SPD) verzichtete auf die Teilnahme. Zuvor wurde sogar gemunkelt, dass möglicherweise nur ein Abteilungsleiter des Außenamts an seiner Stelle teilnehmen werde.

In Warschau beginnt heute der zweite Tag der von Polen und den USA einberufenen Konferenz über den Nahen Osten @AuswaertigesAmt @PolandMFA #WarsawaSummit pic.twitter.com/vPImCAX8VF

— Niels Annen 🇪🇺 (@NielsAnnen) February 14, 2019

Annen sagte zum Auftakt der Konferenz, dass man von dieser Konferenz nicht die Lösung aller Probleme in der Region erwarte, weil man am Ende des Tages eine politische Vereinbarung mit allen Akteuren brauchen. Europa sei in der Iran-Frage nicht gespalten und man hoffe auf „konstruktive Signale“ von der Konferenz.

Deutschland habe große Sorge, was die regionalen Aktivitäten des Iran im Jemen, in Libanon, in Syrien und gegen Israel gerichtete Aktivitäten betreffen, sagte Annen weiter.

Als nationale Gegenmaßnahmen zitierte er ausgerechnet den Entzug der Lande- und Startrechte für die Airline „Mahan Air“. Dabei hatten die USA auf diese Maßnahme gedrängt – gegen anfängliche Widerstände aus dem Auswärtigen Amt.

Annen ist im Auswärtigen Amt u.a. für Iran zuständig und war pikanterweise auch beim Jubiläumsempfang zur Islamischen Revolution Anfang der Woche in der iranischen Botschaft zu Gast.

Während der ersten Sitzung der Konferenz twitterte er ein Herz an die Hamburger Feuerwehr und verbreitete einen Twitter-Aufruf der Polizei, die wegen eines Einbruchs in Eimsbüttel nach Zeugen suchte …

Die deutsche Haltung sorgt für Kritik, sowohl aus der Opposition als auch vom Regierungspartner: „Schon lange bemängeln wir, dass Deutschland und die Europäische Union sich in der Region zu wenig politisch engagieren und sie den USA und anderen Akteuren überlassen. Dass Deutschland zu dieser wichtigen Konferenz nur einen Staatssekretär schickt, verdeutlicht dies nur noch mehr“, sagt der außenpolitische Sprecher der FDP, Bijan Djir-Sarai, zu BILD.

„Es wird Zeit, dass auch der Bundesregierung klar wird, dass die Probleme im Nahen Osten auch Deutschland direkt betreffen und man sich daher für Sicherheit und Stabilität in der Region einsetzen muss.“

Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Johann David Wadephul (CDU), nannte die Nicht-Teilnahme einen „politischen Fehler“: „Wer selbst von einer gewachsenen internationalen Verantwortung Deutschlands spricht, muss diese wahrnehmen.“

Maas fehle „auf einer wichtigen Konferenz unseres wichtigsten Verbündeten USA“, sagte Wadephul der Deutschen-Presse-Agentur.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es zum Grund für Maas‘ Fernbleiben nur, „Staatsminister Annen ist der für die Region zuständige Staatsminister und Vertreter für Außenminister Maas.“

Heiko Maas – am Mittwoch bei einer Befragung im Bundestag danach gefragt – nannte als Grund seines Fernbleibens, dass „nicht abschließend klar ist, was das Ziel und das Ergebnis dieser Konferenz sein wird“. Man verstehe es nicht als Konferenz, auf der nach gemeinsamen Lösungen gesucht wird, auch weil man nicht am Abschlusskommuniqué mitschreiben könne. „Wenn man über den Nahen Osten redet, dann muss man auch über Iran reden, aber der ist nicht eingeladen.“

Pence fordert Rückzug aus Atom-Deal

US-Vizepräsident Mike Pence stellte sich in seiner Rede klar gegen das iranische Regime und kritisierte in seiner Rede die Haltung Europas. „Mit ihrem neuen Zahlungsmechanismus versuchen sie, unsere Sanktionen gegen ein mörderisches Regime zu brechen“, sagte Pence am Mittag. Es sei ein „unvernünftiger Schritt“, der nur das iranische Regime weiter stärken und den Graben zwischen Europa und den USA vertiefen werde.

„Es ist an der Zeit, dass die Europäer mit uns und der Menschen im Iran Seite an Seite stehen, sich aus dem Atom-Abkommen zurückziehen während wir den Druck machen, um den Menschen den Frieden, die Sicherheit und Freiheit zu bringen, die sie verdienen“, forderte der Vize-Präsident.

2009 habe man die Gelegenheit schon verpasst, als Massendemonstrationen gegen die Wahlfälschungen die Straßen im Iran füllten. Jetzt dürfe man die Gelegenheit nicht verpassen: „Alle freiheitsliebenden Nationen dieser Welt müssen zusammenstehen, um dieses Regime zur Rechenschaft zu ziehen“, appellierte Pence an die Europäer.

Differenzen im Umgang mit Iran

Während Europa und die USA sich zwar bei der Einschätzung der Gefahr aus dem Iran weitgehend einig sind, so unterscheiden sich die Methoden, mit der man diese bannen will:

Europa sieht den Ausstieg der USA aus dem Atom-Abkommen sehr kritisch und will mit seinem neuen Zahlungsmechanismus (Instrument for Supporting Trade Exchange, kurz: INSTEX) weiterhin Geschäfte mit dem Iran ermöglichen, um das Regime bei Laune und im Abkommen zu halten. Die USA, Israel und einige arabische Staaten drängen hingegen auf einen härteren Kurs. Sie wollen einen Kurswechsel in der aggressiven Regional- und Rüstungspolitik Irans bewirken, die USA haben deshalb u.a. scharfe Sanktionen verhängt.

Der Iran gilt als größter staatlicher Terror-Sponsor der Welt und finanziert u.a. die libanesische Terrororganisation Hisbollah laut US-Finanzministerium mit rund 700 Millionen US-Dollar pro Jahr. Die palästinensischen Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad erhalten jährlich rund 100 Millionen Dollar aus Teheran. Zudem kämpfen iranisch geführte oder unterstützte Milizen in Irak, Syrien und Jemen.

Iran hat zum 40. Jubiläum seiner Islamischen Revolution weitere Aufrüstung angekündigt und neue Raketen präsentiert. Ein iranischer Kommandeur der Revolutionsgarden drohte damit, Tel Aviv und Haifa dem Erdboden gleichzumachen. Irans Mittelstreckenraketen haben eine Reichweite von rund 2000 Kilometern und könnten daher fast jeden Teil Israels treffen.

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